Sensoren und Elektronik optimal trennen

Bei der Jumo digiLine kann der Sensor getauscht werden, ohne die Elektronik gleich mit zu entsorgen

  • Sensoren und Elektronik optimal trennen
    Sensoren und Elektronik optimal trennen
  • Sensoren und Elektronik optimal trennen
    Sensoren und Elektronik optimal trennen

IEN D-A-CH: Herr Juchheim, Sie haben große Erwartungen an Ihre JUMO digiLine. Was leistet diese?
Bernhard Juchheim: Ein sofort ersichtlicher Vorteil für den Kunden ist, dass er bei der Jumo digiLine den Sensor tauschen kann, ohne die Elektronik gleich mit zu entsorgen. Sensoren verschleißen und müssen regelmäßig ersetzt werden, nicht aber die Elektronik. DigiLine ist ein intelligentes, busfähiges Anschlusssystem für Sensoren der Flüssigkeitsanalyse. Dadurch ist ein einfacher und sicherer Messstellenbetrieb ohne großen und störanfälligen Verkabelungsaufwand möglich.

IEN D-A-CH: Was sind die typischen Anwendungen?
Juchheim: Das digiLine-System ist überall dort zuhause, wo Sensoren zur Flüssigkeitsanalyse eingesetzt werden, man aber auch hohe Ansprüche an Sensormanagement, Flexibilität und Digitalisierung hat. Das Anwendungsfeld ist riesig und reicht von der Trinkwasserüberwachung eines Wasserwerks bis hinein in die Pharmazie, wo die entsprechend der GMP (Good Manufacturing Praxis) sehr hohe Dokumentationsanforderungen stellt.

IEN D-A-CH: DigiLine soll Kosten und Wartungsaufwand senken. Aber wie?
Juchheim: Stellen Sie sich eine fernliegende Produktionsaußenstelle vor. Die Wartung, Kalibrierung oder Überprüfung der Sensoren muss bislang vor Ort vorgenommen werden - mit viel technischem und personellem Aufwand. Vieles davon kann durch die digiLine zentralisiert werden. Das spart den hochspezialisierten Fachkräften, die sich um das Sensormanagement kümmern, lange Anfahrtsstrecken und -zeiten. Nur noch relativ einfache Tätigkeiten, wie etwa der Austausch von Sensoren, müssen weiterhin im Feld vorgenommen werden.

IEN D-A-CH: DigiLine erlaubt erstmals auch den Anschluss von Sensoren anderer Hersteller. Hat Sie das Überwindung gekostet?
Juchheim: Nein. Wir wissen, dass unsere Sensoren gut sind. Und wer unsere Sensoren hat, wird diese auch weiter benutzen wollen. Aber es gibt immer auch den Fall, dass ein Kunde - wie ich es nenne - einen Lieblingssensor hat. Und wir wollen ihm die Möglichkeit lassen, diesen weiter zu nutzen und gleichzeitig von den erweiterten Möglichkeiten der digiLine zu profitieren.

IEN D-A-CH: Kann das nicht zu gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Ihnen und dem Fremdsensorhersteller führen, wenn das System nicht funktioniert wie erwartet?
Juchheim: Sollte nicht passieren, da relativ einfach festgestellt werden kann, ob der Sensor oder die Elektronik nicht richtig funktioniert.

IEN D-A-CH: Bei der digiLine können Sie bis zu 64 Sensoren in einem Bussystem anschließen. Warum diese Limitierung?
Juchheim: Das Automatisierungssystem JUMO mTRON T besitzt zwei RS485 Schnittstellen, beide können zum Anschluss von digiLine-Sensoren genutzt werden. Prinzipbedingt werden pro Schnittstelle bis zu 32 Sensoren unterstützt. Damit können an das Automatisierungssystem JUMO mTRON T bis zu 64 digiLine-Sensoren angeschlossen werden. Bei den Mehrparameter-Mess- und Regelgeräten AQUIS touch P und AQUIS touch S haben wir das Limit auf sechs digiLine-Sensoren gesetzt, um die Übersichtlichkeit an den Geräten zu gewährleisten. Das ist in der Praxis absolut ausreichend. Außerdem verfügen die AQUIS touch Geräte zusätzlich über Eingänge für analoge, direkt anschließbare Sensoren.

IEN D-A-CH: Der Produktbereich Flüssigkeitsanalyse ist in den vergangenen vier Jahren bei Jumo um 30 Prozent gewachsen. Kommt mit digiLine der nächste Schub?
Juchheim: Auf jeden Fall. Unser digiLine kann man nämlich auch in bestehende analoge Systeme integrieren. Neben dem digiLine-Protokoll gibt es die meisten digiLine-Sensoren auch mit Analogausgang 4 bis 20 mA. Für den Kunden hat dies den großen Vorteil, dass die Umstellung von analoger auf digitale Messtechnik Schritt für Schritt erfolgen kann und ein teurer Systembruch vermieden wird. Ich kann zum Beispiel einen bestehenden alten Messumformer gegen einen digiLine Sensor ersetzen und verfüge danach mittels des "Digitalen Sensor Managements" (DSM) über alle neuen Möglichkeiten des digiLine Sensors, also Kalibrierung im Labor, Kalibrierlogbuch und Asset-Management.

IEN D-A-CH: Gibt es schon Reaktionen aus Ihrer Kundschaft?
Juchheim: Die Antworten sind durchgehend positiv. Die Möglichkeit mit digiLine bestehende Systeme und laufende Anlagen aufzuwerten, kommt sehr gut an.

IEN D-A-CH: Sie sind gerade mit einem Werk in China umgezogen. Bereitet Ihnen das langsamere Wachstum Chinas Sorgen?
Juchheim: Nein, nicht wirklich. Wir kommen von hohen zweistelligen Wachstumszahlen und wachsen nun etwas langsamer. Dabei möchte ich erwähnen, dass der Umzug in China in einer Rekordzeit von elf Monaten vollzogen wurde - von der Planung bis zur Umsetzung. Vor dem Umzug waren wir in China vorwiegend mit Temperatursensoren am Markt, nun aber mit dem vollständigen Programm.

IEN D-A-CH: Sie habe für das Gesamtunternehmen ein Umsatzwachstum von sechs Prozent für das Jahr 2015 prognostiziert. Wie steht es heute um diese Prognose?
Juchheim: Das vierte Quartal läuft sehr ordentlich. 2015 wird besser als 2014, aber die Vorgabe von sechs Prozent werden wir nicht erreichen.

IEN D-A-CH: Und was erwarten Sie für 2016?
Juchheim: Mit unseren neuen Produkten sind wir gut positioniert und daher sehr zuversichtlich. Ich werde aber keine sechs oder sieben Prozent Vorgabe mehr machen. Ein Wachstum von vier bis fünf Prozent ist dagegen realistisch.

IEN D-A-CH: Sie investieren die Rekordsumme 50 Millionen Euro in ein neues Werk für 600 Mitarbeiter in Fulda. Warum dort?
Juchheim: Wir bekennen uns offen zu Fulda. Wir haben hier ein sehr gutes Team, hochqualifizierte Mitarbeiter und wollen mit diesen gemeinsam die Zukunft von Fulda aus gestalten. Wir werden oft gefragt, warum wir als High-Tech-Unternehmen unsere Forschung und Entwicklung nicht an günstigere Standorte verlagern. Aber das ist nicht unser Ziel.

IEN D-A-CH: Ihr Firmenslogan lautet: JUMO - more than sensors + automation. Was ist das More?
Juchheim: Wir sind seit Jahrzehnten ein erfolgreicher Komponentenhersteller. Aber wir sehen bei unseren Kunden, dass diese immer weniger eigene Mess- und Regeltechniker haben. Es fehlen Fachkräfte und Nachwuchs. Daher wollen wir unseren Kunden mehr bieten, etwa mit der Automatisierungslösung mTRON T, und diese bei ihren Anwendungen beraten und unterstützen. Das ist auch die Aufgabe unseres jungen JUMO-Engineering Teams. Wir sehen uns künftig nicht nur als Komponenten-, sondern vor allem auch als Lösungsanbieter.

IEN D-A-CH: Was bedeutet das konkret?
Juchheim: Schauen Sie sich eine Papiermaschine an. Diese verfügt über die kompliziertesten Regelungsabläufe, die man heut kennt. Da sind viele teure Unstimmigkeiten denkbar. Der Käufer dieser Maschine erwartet deswegen von uns, dass wir vom ersten Bauteil bis zur Übergabe der Maschine dabei sind. Diese Art der Zusammenarbeit stärkt natürlich auch die Kundenbindung.

IEN D-A-CH: Herr Juchheim, vielen Dank für das Gespräch.