Der Kollege für die Nachtschicht

Wenn das Licht in der Produktionshalle bei Endutec morgens angeht, werden die Mitarbeiter von einem fleißigen UR10e begrüßt. Der Roboter hat in der Nachtschicht ohne Pause eine CNC-Maschine mit Bauteilen bestückt.

  • Endutec hat zum Beladen ihrer CNC-Fräsmaschine eigens eine Beladestation entwickelt, mit Hilfe derer ein Roboter die Maschine über Stunden hinweg automatisiert bestücken kann
    Endutec hat zum Beladen ihrer CNC-Fräsmaschine eigens eine Beladestation entwickelt, mit Hilfe derer ein Roboter die Maschine über Stunden hinweg automatisiert bestücken kann
  • Mit Hilfe der UR-Roboter kann der mittelständische Betrieb dem Fachkräftemangel trotzen und ermöglicht seinen Mitarbeitern, sich auf anspruchsvolle Aufgaben zu konzentrieren
    Mit Hilfe der UR-Roboter kann der mittelständische Betrieb dem Fachkräftemangel trotzen und ermöglicht seinen Mitarbeitern, sich auf anspruchsvolle Aufgaben zu konzentrieren
  • Ein Bodensensor ist als erweiterte Sicherheitsmaßnahme an der Beladestation befestigt. Bei Eintreten des Mitarbeiters in den definierten Bereich, wird der UR10e in den Sicherheitshalt versetzt
    Ein Bodensensor ist als erweiterte Sicherheitsmaßnahme an der Beladestation befestigt. Bei Eintreten des Mitarbeiters in den definierten Bereich, wird der UR10e in den Sicherheitshalt versetzt

Die Endutec Maschinenbau Systemtechnik GmbH wurde 2009 als Sondermaschinenbauer mit einem eigenen Konstruktionsbüro gegründet. Seitdem hat sich sowohl der Maschinenpark als auch die Mitarbeiterzahl vergrößert: Vom anfänglichen Zwei-Personen-Unternehmen hat sich Endutec zu einem Fertigungsbetrieb mit inzwischen 14 Mitarbeitern, eigenen CNC-Maschinen und einem UR-Cobot entwickelt. Das mittelständische Unternehmen, das in Chieming am Chiemsee ansässig ist, entschloss sich dazu, den Schritt in die eigene Produktion zu gehen, nachdem die Zulieferung der Maschinenteile nicht mehr zur Zufriedenheit erfüllt werden konnte. Andreas Flieher, Geschäftsführer bei Endutec, erklärt: „In den ersten Jahren als Maschinenbauer haben wir die benötigten Teile von Zulieferern bezogen. Mit der Zeit kam es allerdings zu Lieferengpässen und wir waren mit der Qualität nicht mehr zufrieden – und damit steht und fällt schließlich alles.“ So beschlossen Flieher und sein Partner, eigene CNC-Maschinen einzurichten. Eine nicht unbeträchtliche Investition, die sich auch über den eigenen Bedarf hinaus lohnen musste. Um die Maschinen auszulasten, nahm Endutec auch Lohnfertigungsaufträge an.

Über die Nachtschicht hinaus

Hierbei fokussierte sich das 2009 gegründete Unternehmen auf die Fertigung von Einzelteilen und kleinen Stückzahlen – was eine regelmäßige Umrüstung und Umprogrammierung der Maschinen erfordert. „Dazu brauchen wir qualifizierte Facharbeiter“, erläutert Flieher. Doch der Fachkräftemangel verschont auch die Region rund um den Chiemsee nicht. Und so war es Endutec mit seinen 14 Fachangestellten nicht möglich, einen Zwei-Schicht-Betrieb aufzubauen. „Wenn die Mitarbeiter um 16.00 Uhr in den Feierabend gingen, standen die Maschinen die ganze Nacht über still, da sie nicht mehr bestückt wurden. Bei besonders wichtigen oder zeitkritischen Projekten bin ich tatsächlich nachts immer wieder in die Firma gefahren, um die Maschinen händisch zu bestücken. Damit das nicht mehr nötig ist, haben wir begonnen, uns nach Automatisierungsmöglichkeiten umzusehen.“

Dabei schaute sich Endutec verschiedene Roboteranlagen an, unter anderem auch kollaborierende Roboter, sogenannte Cobots. „Wir haben die Mitarbeiter von Anfang an in diese Entscheidung mit einbezogen. Die e-Series von Universal Robots ging dabei als klarer Sieger hervor“, so Flieher. Besonders überzeugt hat die Mitarbeiter die einfache Programmierbarkeit der UR Cobots. So kann jeder Mitarbeiter in kurzer Zeit die Programmierung und Steuerung der Roboter erlernen – ohne dass zusätzliche langwierige Schulungen vonnöten sind. „Zudem ist das Design der Cobots auch einfach sympathisch. Damit haben wir uns kein „Monster“ in die Fertigung geholt, sondern tatsächlich einen Kollegen“, erklärt Flieher mit einem Schmunzeln. „Die Akzeptanz der Mitarbeiter ist elementar beim Einsatz eines Roboters. Wenn sich die Mitarbeiter in der Zusammenarbeit mit dem Cobot nicht wohl fühlen, ist niemandem geholfen.“ Die Mitarbeiter bei Endutec arbeiten gerne mit dem UR10e. So gerne, dass er sogar ausgiebiger eingesetzt wird, als anfangs geplant. „Ursprünglich war es lediglich unser Ziel, mit Hilfe des Cobots nach Feierabend oder am Wochenende weitere Schichten umzusetzen“, berichtet Flieher. Es hat sich aber schnell herausgestellt, dass der Roboter die Mitarbeiter auch in ihrer täglichen Arbeit entlastet. Ein Beispiel: Die Fräsmaschine braucht 15 Minuten, um ein Werkstück zu fräsen, das vier Mal hergestellt werden soll. Übernimmt der UR10e die Aufgabe, alle 15 Minuten neues Rohmaterial in die Maschine einzusetzen, ermöglicht er dem Mitarbeiter somit eine Stunde ungestörtes Arbeiten – etwa um ein neues CNC-Programm aufzusetzen. So werden Fehler vermieden und die Produktion kann deutlich effizienter gestaltet werden.

Für den Fall, dass die Maschinen doch einmal händisch bestückt werden müssen, ist der Roboter auf einer zusätzlichen Lineareinheit montiert. So kann er einfach in eine Parkposition geschoben werden, um vor der Maschine ausreichend Platz für manuelle Tätigkeiten zu schaffen. Wenn der Roboter dann die Beladung wieder übernehmen soll, kann er innerhalb von wenigen Sekunden zurück auf Position gebracht werden.

Das A und O: Eine sichere Applikation

Endutec, seit 2018 auch zertifizierter Systemintegrator von Universal Robots, hat für die automatisierte Beschickung der CNC-Maschine eigens eine Beladestation entwickelt. Wie aus einem Regal entnimmt der UR10e die Werkstücke. Auch schwere und unhandliche Bauteile sind so platziert, dass der Roboter sie bequem greifen und die fertig gefrästen Stücke wieder absetzen kann. Die Beladestation verfügt über Türen, über die sie von außen bestückt werden kann. Ist dies geschehen, können Roboter und Maschine, über Stunden hinweg ohne menschliches Zutun den Auftrag fertigstellen. Der Cobot entnimmt ein Werkstück aus der Beladestation und setzt es in die Maschine ein. Ist das Bauteil fertig gefräst, nimmt er es wieder auf und setzt es in der Beladestation ab. Anschließend beginnt der Zyklus erneut.

Da die Werkstücke zum Teil scharfkantig und schwer sind, ist die Applikation samt Beladestation mit den notwendigen Sicherheits­maßnahmen ausgestattet. So versetzt das Öffnen einer Stationstür den Cobot in einen Sicherheitshalt. Flieher erläutert: „Die integrierten Sicherheitsfunktionen der e-Series, des aktuellen Cobot-Modells von Universal Robots, bilden eine gute Grundlage, um eine sichere Applikation zu gestalten. Wir setzen zusätzlich noch einen Bodensensor ein. Wenn ein Mitarbeiter den definierten Bereich betritt, stoppt der Roboter. So konnten wir eine erfolgreiche Risikobeurteilung durchführen.“

Kollaborative Eigenschaften in einer nichtkollaborativen Applikation

Obwohl der UR10e ein kollaborierender Roboter ist, ist die Applikation nicht kollaborativ. „Aufgrund der Größe und Beschaffenheit unserer Bauteile, war es uns nicht möglich, die Anwendung kollaborativ zu gestalten. Wir machen uns die kollaborativen Eigenschaften des UR10e aber dennoch zu Nutze“, so Flieher. Denn die Beladestation ist trotz der notwendigen Sicherheitsfeatures platzsparend und flexibel: Sie kann bei Bedarf einfach mit dem Hubwagen versetzt werden und nach Einrichtung der Sicherheitsmaßnahmen eine andere CNC-Maschine bestücken – das wäre mit einem herkömmlichen Industrieroboter nicht so unkompliziert umsetzbar.

Endutec setzt in seiner CNC-Applikation aus gutem Grund ein Modell der e-Series ein – die Features entsprechen genau dem Bedarf der Anwendung. Der im Handgelenk integrierte Kraft-Momenten-Sensor sorgt für das präzise Einsetzen der Bauteile in die Spannvorrichtungen. „Außerdem haben wir uns für die e-Series entschieden, da sie über eine verbesserte Wiederholgenauigkeit verfügt. Das ist elementar für das Einsetzen in Werkzeugmaschine und Beladestation“, führt Andreas Flieher aus.

Ergänzung statt Ersatz

Durch das CNC-Beladesystem wird kein einziger Mitarbeiter eingespart – es wird ihnen vielmehr die lästige und monotone Aufgabe der Maschinenbestückung abgenommen, sodass sie in der Lage sind, anspruchsvolle Programmier- oder Rüstaufgaben ungestört durchzuführen. Das sehen auch die Fachangestellten selber. Der Geschäftsführer erzählt: „Das Schöne an dem Cobot ist, dass die Mitarbeiter ihn als Kollegen sehen. Wenn sie nachmittags Feierabend machen, übergeben sie einfach die restlichen Aufträge an den Roboter, der diese über Nacht dann fertig stellt. Wer mag so einen Kollegen nicht?