Reduzierung von Störströmen

Wie lassen sich elektromagnetische Störungen möglichst von Anfang an vermeiden? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Gemeinschaftsprojekt aus Industrie und Forschung. Als Lösung ist eine Leitung mit völlig neuem Aufbau herausgekommen.

  • Typisches Spektrum von Ableitströmen gemessen auf Schutzerd- und Potentialausgleichsleitungen.
    Typisches Spektrum von Ableitströmen gemessen auf Schutzerd- und Potentialausgleichsleitungen.
  • Abgemantelte ÖLFLEX® SERVO FD zeroCM
    Abgemantelte ÖLFLEX® SERVO FD zeroCM
  • Ableitstrom (Effektivwert und Maximalpegel) gemessen am Frequenzumrichter-Ausgang bei einem 4 kW Antrieb und 50 m Leitungslänge
    Ableitstrom (Effektivwert und Maximalpegel) gemessen am Frequenzumrichter-Ausgang bei einem 4 kW Antrieb und 50 m Leitungslänge
  • Die Messkurve zeigt leitungsgeführte Störaussendung eines Frequenzumrichters gemäß DIN EN IEC 61800-3 und die Verbesserung beim Einsatz einer zeroCM®-Servoleitung
    Die Messkurve zeigt leitungsgeführte Störaussendung eines Frequenzumrichters gemäß DIN EN IEC 61800-3 und die Verbesserung beim Einsatz einer zeroCM®-Servoleitung
  • die Lei­tung ist vom vi­su­el­len Er­schei­nungs­bild un­sym­me­trisch, je­doch wird 100%-ige elek­tro­ma­gne­ti­sche Sym­me­trie er­zielt
    die Lei­tung ist vom vi­su­el­len Er­schei­nungs­bild un­sym­me­trisch, je­doch wird 100%-ige elek­tro­ma­gne­ti­sche Sym­me­trie er­zielt

Heut­zu­ta­ge wer­den in der Pro­zes­s­au­to­ma­ti­sie­rung Elek­tro­mo­to­ren aus­schließ­lich mit­tels Fre­quenz­um­rich­ter be­trie­ben. Ne­ben dem Vor­teil der va­ria­blen Dreh­zahl, bie­tet die­se Art der An­steue­rung be­acht­li­che Ver­bess­se­run­gen im Hin­blick auf En­er­gie- und Pro­zes­s­ef­fi­zi­enz. Prin­zip­be­dingt bil­den sich auf­grund der An­steue­rung al­ler­dings un­ter­wünsch­te Ne­ben­ef­fek­te aus und es ent­ste­hen Ab­leit­strö­me. Je mehr Kom­po­nen­ten be­tei­ligt sind, des­to grö­ßer ist das Ri­si­ko von sol­chen Stö­run­gen. Gleich­zei­tig wer­den die Bau­räu­me in Ma­schi­nen und An­la­gen im­mer klei­ner. Um teu­re Pro­duk­ti­ons­aus­fäl­le in der Smart Fac­to­ry zu ver­mei­den, muss da­her am bes­ten schon wäh­rend der Pla­nungs­pha­se das The­ma EMV be­rück­sich­tigt wer­den.

Ka­bel­de­sign neu ge­dacht

Wie Stö­run­gen in­ner­halb von Ver­bin­dungs­lö­sun­gen na­he­zu eli­mi­niert wer­den kön­nen, hat LAPP ge­ra­de im Rah­men des „PE­PA“-For­schungs­pro­jek­tes des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz un­ter Be­weis ge­stellt. Ne­ben LAPP sind an dem Pro­jekt die Fir­men SEW-EU­RO­DRI­VE, BLOCK, Dan­foss, MA­GNE­TEC und die Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Darm­stadt be­tei­ligt. Hier führt LAPP das Ar­beits­pa­ket 4: Kopp­lun­gen zwi­schen be­nach­bar­ten Lei­tun­gen so­wie mit An­la­gen­tei­len. Mes­sun­gen und Op­ti­mie­run­gen der Ka­bel­kon­struk­ti­on. Des­sen Ziel ist es, ei­ne fir­men­über­grei­fen­de For­schung an ei­nem kom­ple­xen The­ma aus der Au­to­ma­ti­sie­rungs-/An­triebs­welt, bei dem es ins­be­son­de­re auf die kor­rek­te Aus­wahl der Ver­bin­dungs­kom­po­nen­ten so­wie der fach­ge­rech­ten In­stal­la­ti­on die­ser an­kommt, zu for­cie­ren.

Ge­gen­stand der Un­ter­su­chung war die Fra­ge, wa­rum es in In­dus­trie­an­la­gen, in de­nen Fre­quenz­um­rich­ter-ge­steu­er­te Mo­to­ren ein­ge­setzt wer­den, sehr oft zu un­er­wünsch­ten Strö­men auf den Po­ten­ti­al­aus­gleichs­lei­tun­gen (PA) oder Schutz­erd­lei­tun­gen (PE) kommt. Durch die ge­tak­te­te An­steue­rung (Puls­wei­ten-Mo­du­la­ti­on) wer­den Stör­strö­me im Be­reich von rund 3 kHz bis 1 MHz an­ge­regt, wel­che über Ge­häu­se­tei­le, PA-/PE-Lei­ter/-Net­ze und im schlimms­ten Fall über die Schir­mung von Da­ten­lei­tun­gen in Rich­tung Erd­po­ten­ti­al be­zie­hungs­wei­se zur Quel­le ab­flie­ßen. Hoch­fre­quen­te Aus­gleich­strö­me mit ei­ner Am­pli­tu­de von 10 A oder mehr sind hier­bei kei­ne Sel­ten­heit. Die Fol­gen sind un­zu­läs­sig ho­he Strö­me auf der Schutz­er­de und da­durch ver­meint­lich feh­ler­haft aus­lö­sen­de FI-Schutz­schal­ter (RCD) oder Be­ein­träch­ti­gung der Da­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on, wenn bei­spiels­wei­se die Aus­gleichs­strö­me über den Kup­fer­schirm ei­ner Da­ten­lei­tung flie­ßen. Die­se Feh­ler sind schwer zu fin­den, da sie kei­ner Sys­te­ma­tik fol­gen. LAPP hat sich da­her zum Ziel ge­setzt, die phy­si­ka­li­schen Kopp­lungs­me­cha­nis­men in­ner­halb von Mo­tor-An­schluss­lei­tun­gen zu un­ter­su­chen und dar­aus ei­ne neu­ar­ti­ge Ka­bel­kon­struk­ti­on ab­zu­lei­ten. Das Er­geb­nis die­ser Ent­wick­lung ist die zero­CM®-Tech­no­lo­gie.

Ka­bel­tech­nik auf dem Prüf­stand

Ur­sprung der In­no­va­ti­on war es, den Sta­tus-Quo in der Ka­bel­tech­nik auf den Prüf­stand zu stel­len: so wa­ren bis­he­ri­ge Kon­struk­tio­nen eher auf ge­rin­ge Au­ßen­durch­mes­ser und ei­ne op­ti­sche Sym­me­trie ge­trimmt. Das Pro­blem EMV wur­de bis da­to im­mer durch Schir­mung ge­löst. LAPP ging mit der zero­CM-Tech­no­lo­gie ei­nen an­de­ren Weg: die Lei­tung ist vom vi­su­el­len Er­schei­nungs­bild un­sym­me­trisch, je­doch wird 100%-ige elek­tro­ma­gne­ti­sche Sym­me­trie er­zielt. Letzt­end­lich wird da­durch so­gar we­ni­ger Schir­mung be­nö­tigt.

Das Ge­heim­nis der zero­CM®-Tech­no­lo­gie ist ei­ne spe­zi­el­le, in­no­va­ti­ve Ver­seil­tech­nik: Drei Pha­sen­lei­ter sind sym­me­trisch an­ge­ord­net und in ei­ner In­nen­la­ge ver­seilt. Er­gän­zend wird min­des­tens ein Schutz­lei­ter in ei­ner Au­ßen­la­ge mit ent­ge­gen­ge­setz­ter Ver­seil­schlag­rich­tung um die drei Pha­sen­lei­ter in ei­nem be­stimm­ten Schlag­län­gen­ver­hält­nis ver­seilt. Die Iso­la­ti­on der Lei­ter ist ka­pa­zi­täts­op­ti­miert und be­steht aus Po­ly­ethy­len, Po­ly­pro­py­len oder aus ei­ner ge­schäum­ten Va­ri­an­te. Zwi­schen der In­nen­la­ge und der Au­ßen­la­ge be­fin­det sich ein tren­nen­des Fleece. Durch die­se Kon­struk­ti­on er­reicht man per­fek­te elek­tri­sche Sym­me­trie, wel­che die ma­gne­ti­sche Ab­strah­lung re­du­ziert und die in­ter­nen Kopp­lun­gen stark ver­rin­gert. Der ers­te Pro­to­typ-Lei­tung mit neu­em Ka­bel­de­sign ist die ÖL­FLEX® SER­VO FD zero­CM. Sie ist spe­zi­ell für den Ein­satz in Ver­bin­dung mit Fre­quenz­um­rich­tern ge­eig­net.

Er­folg­rei­cher Ver­such

Die Wirk­sam­keit der neu­ar­ti­gen Lei­tung ÖL­FLEX® SER­VO FD zero­CM wur­de im Rah­men des PE­PA-For­schungs­pro­jekts bei Ver­suchs­auf­bau­ten bei den Pro­jekt­part­nern be­stä­tigt. Ne­ben der Un­ter­su­chung ei­ner EMV-op­ti­mier­ten In­stal­la­ti­on von Kom­po­nen­ten wur­de un­ter an­de­rem die Rol­le der Aus­gangs­lei­tung be­wer­tet. Zum Ver­gleich wur­den ein iden­ti­scher Ver­suchs­auf­bau mit ei­nem An­triebs­sys­tem mit Po­ten­ti­al­aus­gleich so­wie par­al­le­ler Si­gnal­lei­tung (Pro­fi­Net) ge­wählt. Ver­gli­chen wur­den ei­ne ge­schirm­te PVC-iso­lier­te Stan­dard­lei­tung, ei­ne nie­der­ka­pa­zi­ti­ve Ser­vo­lei­tung, ei­ne sym­me­tri­sche Mo­tor­lei­tung mit drei Schutz­lei­tern so­wie die neu­ar­ti­ge zero­CM®-Lei­tung mit op­ti­mier­tem Auf­bau. Da­bei er­ga­ben sich ein­deu­ti­ge Er­geb­nis­se. Die bes­ten Wer­te hin­sicht­lich Ab­leit­strom am Um­rich­ter-Aus­gang wur­den durch den ka­pa­zi­täts­ar­men Auf­bau der zero­CM®-Lei­tung er­reicht. Die ge­ne­rier­ten Ab­leit­strö­me stel­len ei­ne zu­sätz­li­che Be­las­tung für den Fre­quenz­um­rich­ter und al­le be­tei­lig­ten Kom­po­nen­ten dar und soll­ten da­her so ge­ring wie mög­lich ge­hal­ten wer­den. Wei­ter­hin wur­de der über ei­ne par­al­lel lie­gen­de Si­gnal­lei­tung flie­ßen­de Stör­strom un­ter­sucht: Auch hier be­güns­tigt der Ein­satz der zero­CM®-Lei­tung die Aus­prä­gung von mög­lichst ge­rin­gen Stör­strö­men. Aus den Un­ter­su­chun­gen bei den Pro­jekt­part­ne­ren er­ga­ben sich dar­über hin­aus kla­re Emp­feh­lun­gen für die EMV-op­ti­ma­le In­stal­la­ti­on von Fre­quenz­um­rich­tern, wie bei­spiels­wei­se ein nie­derim­pe­dan­ter, HF-taug­li­cher und ein durch­gän­gi­ger Po­ten­ti­al­aus­gleich zwi­schen Fre­quenz­um­rich­ter und An­trieb. Ei­ne we­sent­li­che Be­deu­tung kommt hier­bei dem Schirm­an­schluss mit EMV-ge­rech­ten Ste­ckern oder flä­chi­ger Schirm­auf­la­ge, wie bei­spiels­wei­se bei den ein­ge­setz­ten EMV-Ver­schrau­bun­gen SKIN­TOP® BRUSH zu.

Län­ge­re Ka­bel­län­gen mög­lich

Zu­sam­men­ge­fasst be­sei­tigt die zero­CM®-Tech­no­lo­gie zwar nicht die Ur­sa­che von EMV-Stö­run­gen, adres­siert je­doch ge­nau ei­ne der si­gni­fi­kan­ten Stel­len, an der Stö­run­gen in das Sys­tem­um­feld ein­ge­bracht wer­den. Ei­ner­seits er­mög­licht der neu­ar­ti­ge Ka­belauf­bau um bis zu 80% re­du­zier­te Aus­gleichs­strö­me am Fre­quenz­um­rich­ter-Aus­gang und auf par­al­le­len Pfa­den wie bei­spiels­wei­se Da­ten­lei­tun­gen. An­de­rer­seits sor­gen re­du­zier­te Ka­bel-Um­la­de­strö­me (ca­ble-char­ging cur­rent) für ver­rin­ger­te Last am und im Um­rich­ter selbst: So kön­nen bei­spiels­wei­se län­ge­re Ka­bel­län­gen ver­legt wer­den, oh­ne dass der Fre­quenz­um­rich­ter au­ßer­halb sei­ner (EMV-)Spe­zi­fi­ka­ti­on be­trie­ben wird. Zu­dem un­ter­bin­det die zero­CM®-Tech­no­lo­gie das Ent­ste­hen von Span­nungs­pe­geln auf dem Mas­se-/Erd­po­ten­ti­al (Ground-Vol­ta­ge) auf der Ver­brau­cher­sei­te. Dies ist be­son­ders wich­tig, wenn bei­spiels­wei­se emp­find­li­che Sen­so­rik wie Ana­log­ge­ber zum Ein­satz kom­men.

Ob­wohl die neue Lei­tung beim ers­ten Kon­fek­tio­nie­ren viel­leicht un­ge­wohnt er­schei­nen mag, bleibt die Ver­ka­be­lung ge­wohnt ein­fach, bzw. der Auf­wand re­du­ziert sich so­gar im Ver­gleich zu den Erd-sym­me­tri­schen Lei­tun­gen mit ge­drit­tel­tem Schutz­lei­ter. Ziel von LAPP ist es nun ein Port­fo­lio mit der zero­CM®-Tech­no­lo­gie aus­zu­stat­ten; als nächs­tes sind Hy­brid­lei­tun­gen dran.