Verstehen Sie OPC UA?

Interview mit Stefan Hoppe, Global Vice President der OPC Foundation, über unabhängige Standards für die sichere industrielle Kommunikation und die Anforderungen von Industrie 4.0.

  • Stefan Hoppe, Global Vice President der OPC Foundation
    Stefan Hoppe, Global Vice President der OPC Foundation

IEN D-A-CH: Herr Hoppe, können Sie unseren Lesern bitte kurz die OPC Foundation vorstellen? Wann und von wem wurde sie gegründet?

Hoppe: Die OPC Foundation wurde 1995 gegründet, um die Herausforderung des Datenaustausches in der Prozess- und Fabrikautomatisierung zu den Visualisierungssystemen zu lösen. Zu den ersten Initiatoren gehörten Opto 22, Rockwell, Fisher Rosemount und Intellution. Die erste Draft Version der OPC Data Access (OPC DA) war bereits im Dezember 1995 verfügbar. Nur ein Monat später, im Januar 1996, wurde die OPC Foundation formal gegründet und zählte  innerhalb von nur 6 Monaten mehr als 100 Mitglieder. Zum damaligen Zeitpunkt war das Ziel die Interoperabilität mit OPC auf der Basis der COM/DCOM Technologie zu lösen. Im Laufe der letzten 22 Jahre hat sich der OPC Standard mit insgesamt über 45 Millionen Installationen weit verbreitet. Ab 2007 war OPC UA dann unabhängig von COM/DCOM Technologie.

IEN D-A-CH: Wo sehen Sie heute die wichtigsten Aufgaben der Foundation?

Hoppe: Wir haben viele Aufgaben in verschiedenen Bereichen: Für die  Organisation selber treiben wir die Skalierung der Foundation voran, um in den wichtigsten Regionen der Welt vor Ort zu sein. OPC Niederlassungen sind in Nord Amerika, Europa, Japan und China etabliert, in 2017 haben wir OPC Korea gegründet. Im Bereich der Zertifizierung von OPC Produkten verzeichnen wir weltweit eine stark erhöhte Nachfrage und gründen daher OPC Labore in wichtigen Regionen der Welt: Neben dem Labor in Nordamerika hat seit Anfang 2017 ein Labor in Europa den Betrieb aufgenommen, ein weiteres Labor folgt 2018 in Asien. Des Weiteren wollen wir den Zertifizierungsumfang ausbauen und nicht nur die Qualität der OPC UA Kommunikation selber garantieren, sondern auch die  Informationsmodelle testen, welche mit unseren Partnern und Konsortien entstehen. Generell sind die Informationsmodelle kombiniert mit Zugriffsicherheit, integrierter Security und nachhaltigem Plug&Play definitiv die Schlüssel für Industrielle Interoperabilität. 

IEN D-A-CH: OPC UA ist als Standard seit dem Start 2008 plattform- und herstellerunabhängig. Warum ist dies ein so zentraler Punkt?

Hoppe: OPC UA ist nicht nur plattform- und herstellerunabhängig sondern auch unabhängig von der Implementierungssprache und dem Marktsegment.  Nicht zu vergessen: Niemand besitzt die OPC UA oder kann die OPC Foundation dominieren: Das Leitungsgremium ist demokratisch von Mitgliedern gewählt and und die Arbeitsgruppen versuchen im Konsens zu agieren. Mit anderen Worten ist OPC der neutrale Boden wo es jedem einfach gemacht wird zuzustimmen. Dies ist ein wesentlicher Grund warum die OPC Foundation schon immer im technischen Bereich gut aufgestellt war und sehr gute technologische Spezifikationen und Zertifizierung erstellt hat.

IEN D-A-CH: Seit Beginn war die Sicherheit ein wichtiger Bereich des Standards.  Kooperieren Sie mit anderen Organisationen um auch auf zukünftige Bedrohungen vorbereitet zu sein?

Hoppe: Korrekt, wir haben eine dedizierte OPC UA Security Arbeitsgruppe und  kooperieren mit vielen Organisationen – z.B. hat das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) die Spezifikation und den OPC UA Referenzstack in 2015 untersucht und die Ergebnisse 2016 veröffentlicht – mit  einem sehr positiven und erfreulichen Ergebnis für die OPC Foundation. 

Wir arbeiten sehr eng mit all diesen Experten zusammen um sicherzustellen, dass die OPC UA Security Mechanismen den heutigen und kommenden, permanent dynamisch wachsenden Anforderungen entsprechen. Zusätzlich müssen wir garantieren, dass die OPC UA Technologie Erweiterungen wie der Pub/Sub  Kommunikation dem Prinzip “Security Built-in by Design” entsprechen. 

IEN D-A-CH: Verändern die Industrie 4.0 Entwicklungen die Anforderungen, die an den OPC UA Standard gestellt werden? Wie sehen Sie die generellen  Marktentwicklungen?

Hoppe: Der OPC UA Standard selber hat sich nicht geändert – aber durch  Industrie 4.0 wurde sicherlich die Erweiterung der Einsatzszenarien eingefordert:  KUKA hat z.B. harte Echtzeit Eigenschaften für die Umsetzung der SoA-Kommunikation (Serviceorientierten Architektur) zwischen Maschinen per OPC UA gefordert. Diverse weitere Mitglieder der OPC Foundation hatten die gleiche  Zielsetzung und so wurde die OPC Arbeitsgruppe “OPC UA via TSN” (Time  Sensitive Networking) gegründet, heute sind dort mehr als 83 Firmen involviert. Industrie 4.0 benötigt nicht nur eine IT-sichere Kommunikation, sondern vor allem die Beschreibung und Bedeutung der Daten und Schnittstellen von Geräte und Maschinen. 

OPC UA bietet dazu exzellente Modellierungsmöglichkeiten und genau das ist der Grund warum der VDMA Verband für viele seiner 38 vertikalen Märkte eine  sogenannte OPC UA Companion Spezifikation erstellt, wie z.B.  Spritzgußmaschinen, Maschine Vision, Robotics, etc. Alle diese VDMA initiierten Companion Spezifikationen, aber auch alle weltweit weiteren Spezifikationen, müssen synchronisiert werden um Überlappungen zu vermeiden. Viele dieser  Spezifikationen haben übergreifende Informationsmodelle wie z.B. den MES  Zugriff oder Energie-Management Interfaces – Herausforderung und Traum wäre es diese zu harmonisieren und kompatibel zu halten. Dies - gepaart mit der  Security - sind die wesentlichen Gründe warum OPC UA als zwingende  Voraussetzung im Kriterienkatalog des ZVEI genannt ist um Produkte „Industrie 4.0 Basic“-kompatibel zu nennen.

IEN D-A-CH: Wird der OPC UA Standard hauptsächlich im Bereich  Fabrikautomation verwendet oder gibt es auch andere Einsatzbereiche?

Hoppe: OPC ist dem Ursprung der Prozessindustrie und Fabrikautomatisierung  längst entwachsen. Die Anforderungen an einen sicheren Daten- und  Informationsaustausch stellen sich eben überall – genau deshalb verbreitet sich  OPC UA auch in den Bereichen wie Energie, Bergbauindustrie,  Gebäudeautomatisierung, Öl & Gas, und die Liste könnte noch eine Weile  fortgeführt werden. Ende letzten Jahres haben wir stolz die Zusammenarbeit mit  dem Verband der Hersteller von industriellen Küchengeräten HKI verkündet,  dieser Verband modelliert mit seinen Mitgliedern Informationsmodelle und  integriert OPC UA in die Geräte. OPC UA ist somit klar unabhängig vom speziellen  Einsatzgebiet oder einem vertikalen Markt, es wächst überall. Zur Erinnerung sei  nochmal gesagt, dass die Integration von OPC UA in Geräte und Maschinen oder  auch die Zertifizierung im OPC Labor keine Mitgliedschaft in der OPC Foundation  voraussetzt – somit hat die OPC Foundation faktisch gar keinen kompletten  Überblick wo OPC UA in der Welt eingesetzt wird. Um diesen Überblick zu  bekommen, haben wir gerade eine kostenlose Kategorie “OPC UA Logo  Mitgliedschaft” erschaffen: Firmen können mit dem OPC UA Logo werben – dafür  müssen Sie nur sich selber als Firma und das Produkt bei der OPC Foundation  registrieren.

IEN D-A-CH: Ihre Mitglieder sind Firmen aus Europa, der USA und Asien. Sehen  Sie Unterschiede in den Bedürfnissen der verschiedenen Märkte?

Hoppe: Wir sehen eine starke Expansion der OPC Technologie in vielen Märkten.  Über 500 Mitglieder und weitere 4500 Firmen im OPC Umfeld sind aktiv in der  Community, um OPC UA Produkte anzubieten. Und natürlich gibt es  unterschiedliche regionale Differenzen bzw. einen unterschiedlichen Fokus – als  Beispiel ist Deutschland eher stark in der diskreten Fertigung aber weniger  aufgestellt im Öl & Gas Bereich. 

IEN D-A-CH: Herr Hoppe, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Kay Petermann