Wiederverwertung von Magneten möglich machen

Magnete sind wertvolle Bauteile. Obwohl in den vergangenen Jahren funktionierende Magnetrecyclingmethoden entwickelt wurden, finden diese in der Praxis bisher keine Anwendung und Magnete werden weiterhin im Stahlschrott eingeschmolzen. Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS liefern gute Argumente, wieso sich dies in Zukunft ändern sollte.

  • Juli 5, 2022
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    Wiederverwertung von Magneten möglich machen

Die Welt setzt auf Elek­tro­mo­bi­li­tät. Die Bran­che wächst kon­ti­nu­ier­lich und ist im Zu­ge der En­er­gie­wen­de auch po­li­tisch von gro­ßer Be­deu­tung. So plant bei­spiels­wei­se die Bun­des­re­gie­rung, dass in Deutsch­land bis 2030 sie­ben bis zehn Mil­lio­nen Elek­tro­fahr­zeu­ge zu­ge­las­sen sind. Da­mit ein Elek­tro­mo­tor funk­tio­niert, darf da­bei ein Be­stand­teil auf kei­nen Fall feh­len: Neo­dym-Ei­sen-Bor-Hoch­leis­tungs­per­ma­nent­ma­gne­te. Sie sind die leis­tungs­stärks­ten Ma­gne­te, die es der­zeit auf dem Markt gibt, ma­chen et­wa die Hälf­te der Mo­tor­kos­ten aus und ent­hal­ten, wie der Na­me schon ver­rät, un­ter an­de­rem Sel­te­ne Er­den wie Neo­dym oder Dy­spro­si­um. Der wich­tigs­te Lie­fe­rant für Sel­te­ne Er­den ist Chi­na. Dort wer­den über 90 Pro­zent des welt­wei­ten Be­darfs ab­ge­baut – und das un­ter kri­ti­schen Be­din­gun­gen. So wer­den wäh­rend der För­de­rung gif­ti­ge Bei­pro­duk­te frei­ge­setzt, die bei man­geln­der Vor­sicht zu ei­ner Ver­un­rei­ni­gung des Grund­was­sers füh­ren. Dies scha­det Mensch und Na­tur.

Trotz die­ser teu­ren und pro­ble­ma­ti­schen Her­stel­lung lan­den Ma­gne­te am En­de ih­rer Nut­zungs­zeit in der Re­gel auf dem Schrott­platz und wer­den dort zu­sam­men mit dem Stahl­schrott ein­ge­schmol­zen. Und das, ob­wohl es mitt­ler­wei­le Me­tho­den zum Re­cy­cling von Ma­gne­ten gibt, die er­wie­se­ner­ma­ßen funk­tio­nie­ren. Die­se Lü­cke zwi­schen Theo­rie und Pra­xis wol­len Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler der Fraun­ho­fer-Ein­rich­tung für Wert­stoff­kreis­läu­fe und Res­sour­cen­stra­te­gie IWKS in Ha­nau mit ih­rem Pro­jekt „Funk­tio­nel­les Ma­gnet­re­cy­cling für ei­ne nach­hal­ti­ge E-Mo­bi­li­tät – FUN­MAG“ schlie­ßen. Ge­för­dert von der Hes­sen Agen­tur will das For­scher­team nach­wei­sen, dass Elek­tro­mo­to­ren mit re­cy­cel­ten Alt­ma­gne­ten die­sel­be Leis­tung er­brin­gen kön­nen wie mit ih­ren ur­sprüng­li­chen Neu­ma­gne­ten, und es sich da­her lohnt, kom­mer­zi­el­les Ma­gnet­re­cy­cling im gro­ßen Maß­stab durch­zu­füh­ren.

Ar­beit mit „bun­ten Blu­men­sträu­ßen“

Für die da­mit ver­bun­de­nen Ver­su­che ha­be sich das In­sti­tut un­ter an­de­rem ein E-Bike, ei­nen E-Scoo­ter und ein Ho­ver­board an­ge­schafft, er­zählt Kon­rad Opelt, Lei­ter des Pro­jekts und stu­dier­ter Ma­te­ri­al­wis­sen­schaft­ler: „Bei al­len neu­en Fahr­zeu­gen ha­ben wir zu­nächst aus­führ­lich den Mo­tor cha­rak­te­ri­siert, um re­le­van­te Kenn­wer­te zu er­hal­ten, mit de­nen wir dann spä­ter die Leis­tung der Mo­to­ren mit den re­cy­cel­ten Ma­gne­ten ver­glei­chen kön­nen.“

Die Elek­tro­fahr­zeu­ge stel­len den Rah­men des Pro­jekts dar. Das Kern­stück aber ist die Ar­beit mit den Alt­ma­gne­ten. Die­se konn­ten über be­ste­hen­de Kon­tak­te mit In­dus­trie­part­nern im Ton­nen­maß­stab be­schafft wer­den und un­ter­schei­den sich in Leis­tung, Form und Be­schaf­fen­heit maß­geb­lich. „Uns war es enorm wich­tig, den rea­lis­ti­schen Fall ab­zu­bil­den“, er­klärt Opelt. „Wenn sich ein Schrott­händ­ler da­zu ent­schließt, die Ma­gne­te aus sei­nen de­po­nier­ten Alt­mo­to­ren zu se­pa­rie­ren, wird das in der Re­gel ein bun­ter Blu­men­strauß von un­ter­schied­lichs­ten Ma­gne­ten sein, de­ren ge­naue Ei­gen­schaf­ten nie­mand kennt. Un­ser Ziel war es da­her zu zei­gen, dass der Re­cy­cling­pro­zess auch mit un­de­fi­nier­tem Aus­gangs­ma­te­ri­al, die­ser Un­be­kann­ten im Pro­zess, um­ge­hen kann. Und das hat vor uns noch nie­mand ge­macht.“

Aus Alt mach Neu

Am Fraun­ho­fer IWKS be­schäf­tigt man sich seit Jah­ren mit der Her­stel­lung und dem Re­cy­cling von Ma­gne­ten und ent­spre­chen­de Räum­lich­kei­ten und Ge­rä­te er­mög­li­chen die Nach­bil­dung des kom­plet­ten Her­stel­lungs­pro­zes­ses im Tech­ni­kums­maß­stab. Bei der Her­stel­lung ei­nes neu­en Ma­gne­ten wird das Aus­gangs­ma­te­ri­al zu­nächst bei et­wa 1400 Grad ge­schmol­zen und dann ab­ge­schreckt, so­dass me­tal­li­sche Fla­kes ent­ste­hen. Die­se wer­den in ei­ne Was­ser­stoff­at­mo­sphä­re ge­ge­ben und durch das Ein­drin­gen des Was­ser­stoffs zer­fällt das Ma­te­ri­al zu ei­nem Gra­nu­lat. Die­ses wird mit ei­ner Strahl­müh­le noch wei­ter zer­klei­nert und das re­sul­tie­ren­de me­tal­li­sche „Mehl“ kann dann in Press­for­men ge­ge­ben und ge­s­in­tert, das heißt zum Ma­gne­ten „ge­ba­cken“ wer­den. Um ei­nen Ma­gne­ten zu re­cy­celn, reicht es aus, den Alt­ma­gne­ten mit der Was­ser­stoff­at­mo­sphä­re in Ver­bin­dung zu brin­gen und die nach­fol­gen­den Pro­zess­schrit­te zu durch­lau­fen. „Den um­welt­be­las­ten­den Ab­bau der Roh­stof­fe und das en­er­gie­in­ten­si­ve Auf­schmel­zen kön­nen wir so ein­fach über­sprin­gen“, fasst Opelt zu­sam­men.

Im Rah­men des Re­cy­cling­pro­zes­ses kön­nen tau­sen­de Ma­gne­te gleich­zei­tig ver­ar­bei­tet wer­den. „Es lässt sich kaum ver­hin­dern, dass die Ma­gne­te wäh­rend­des­sen et­was Sau­er­stoff auf­neh­men, was zu leich­ten Qua­li­täts­ein­bu­ßen führt. Hier kön­nen wir aber ge­zielt ent­ge­gen­steu­ern, in­dem wir bei­spiels­wei­se zehn bis 20 Pro­zent neu­es Ma­te­ri­al hin­zu­ge­ben oder die Mi­kro­struk­tur der Ma­gne­te noch wei­ter be­ar­bei­ten“, er­klärt Opelt. Die Leis­tung der Re­cy­cle-Ma­gne­te lässt sich am fer­ti­gen End­pro­dukt oder auch schon im Pul­ver­sta­di­um be­stim­men. Letzt­end­lich soll aus die­sen Un­ter­su­chun­gen ein Ei­gen­schafts­port­fo­lio ab­ge­lei­tet wer­den, das zu­künf­ti­gen An­wen­dern Hand­lungs­emp­feh­lun­gen da­zu gibt, wie der Re­cy­cling­pro­zess so mo­di­fi­ziert wer­den kann, dass je nach Aus­gangs­zu­sam­men­set­zung die ge­wünsch­ten Ziel­ei­gen­schaf­ten für die Ma­gne­te er­reicht wer­den.

Der Auf­bau ei­ner neu­en Wert­schöp­fungs­ket­te

Der­zeit sind die For­schen­den noch da­bei, den Auf­be­rei­tungs­pro­zess wäh­rend des Re­cy­cling­vor­gangs wei­ter zu op­ti­mie­ren. Kon­rad Opelt ist aber zu­ver­sicht­lich, dass sie die re­cy­cel­ten Ma­gne­te schon bald in die E-Mo­to­ren ein­bau­en kön­nen und freut sich schon dar­auf, mit dem Ho­ver­board über den In­sti­tuts­hof zu flit­zen.

Ist die­ser Schritt ge­schafft, wä­re das der sicht­ba­re Be­weis für den Er­folg des Re­cy­clings. „Da­mit lang­fris­tig ei­ne Wert­schöp­fungs­ket­te für Ma­gnet­re­cy­cling auf­ge­baut wer­den kann, muss sich je­der Ak­teur auf den an­de­ren ver­las­sen kön­nen“, be­tont Opelt. „Wir de­mons­trie­ren mit FUN­MAG, dass die Idee auch wirk­lich funk­tio­niert und tra­gen so ei­nen ent­schei­den­den Teil zum Auf­bau der Wert­schöp­fungs­ket­te bei.“

Das In­ter­es­se von Wirt­schaft und Po­li­tik an dem An­satz ist groß, denn er ver­spricht mehr Nach­hal­tig­keit bei gleich­zei­tig we­ni­ger Res­sour­cen­ab­hän­gig­keit. Kon­rad Opelt hofft, dass dies da­zu führt, dass Her­stel­ler zu­künf­tig schon bei der Pro­duk­ti­on von Elek­tro­mo­to­ren ge­zielt dar­auf ach­ten, dass sich die Ma­gne­te gut aus- und wie­der ein­bau­en las­sen. Das­sel­be gilt über die E-Mo­bi­li­tät hin­aus auch für al­le Elek­tro­ge­rä­te un­se­res täg­li­chen Be­darfs, vom Ra­sen­mä­her über den Ak­ku­schrau­ber bis hin zum Han­dy. Sie al­le ent­hal­ten Neo­dym-Ei­sen-Bor-Hoch­leis­tungs­per­ma­nent­ma­gne­te, die so eben­falls loh­nens­wert re­cy­celt wer­den könn­ten.