In acht Wochen zur fertigen Lösung

Lineartechnik für die Glasbearbeitung

  • Im Kundenlabor fertig aufgebautes Dreiachsportal mit großer Montageplatte
    Im Kundenlabor fertig aufgebautes Dreiachsportal mit großer Montageplatte
  • Zusammenspiel von X-, Y- und Z-Achse mit Kabelmanagement
    Zusammenspiel von X-, Y- und Z-Achse mit Kabelmanagement
  • Die drei Servoregler sind mit CANopen untereinander und mit der Steuerung verbunden.
    Die drei Servoregler sind mit CANopen untereinander und mit der Steuerung verbunden.

Die Schweizer PicoDrill SA ist auf die Entwicklung neuartiger Prozesse zur Optimierung mikromaschineller Bearbeitungstechniken spezialisiert. Aufgrund eines Defekts an einem Kleinportal benötigte das Schweizer Unternehmen innerhalb von acht Wochen Ersatz. Ein Fall für die Parkem Engineering AG, Vertriebspartner der Origa Divison Europe (Filderstadt) der Parker Hannifin Corp.   PicoDrill (Lausanne) hat ein Verfahren zur Herstellung kleinster Löcher mit Durchmesser im Nanometerbereich entwickelt. Die elektrothermische Fokussierungsmethode erlaubt ein Erhitzen, wo erforderlich ein Verdampfen, kleinster Flächen auf einem isolierenden oder Halbleiter-Substrat. In einer anderen Prozedur können scheibenförmige Materialien aus Glas, Keramik, Silikon, Saphir sowie andere halb oder nicht leitende Substrate im Milli- bis Mikrometerbereich geschnitten beziehungsweise durchtrennt werden. Kern dieser Neuentwicklung ist ein berührungsloser, elektrischer Bearbeitungskopf.   Glasbearbeitung im Mikrometerbereich
Dank dieser Erfindung eröffnen sich neue Verarbeitungsmöglichkeiten, was das Schneiden und Trennen von Glasscheiben sowie das Abrunden von Kanten betrifft. Heute werden diese typischerweise mit Laser angeschnitten und anschließend mit mechanischer Einwirkung gebrochen. Sollen die Kanten noch abgerundet werden, müssen diese nach dem Brechen abgeschliffen werden. Dies verschmutzt die Scheibe und erfordert einen zusätzlichen Reinigungsprozess. Zusammen sind das vier Arbeitsprozesse, welche zudem einen hohen Ausschuss generieren. Mit der neuen Methode wird das Glas in einem Arbeitsschritt durchtrennt und muss nicht zusätzlich gebrochen werden. Auch für das Abrunden von Kanten ist nur ein Arbeitsschritt erforderlich. So entfallen zwei Arbeitsschritte, wodurch sich die Produktivität maßgeblich erhöht. Ein weiterer Vorteil ist die Halbierung der Ausschussquote. Zudem können sehr feine Glasscheiben mit Dicken im Mikrometerbereich geschnitten werden, was mit der herkömmlichen Laser-Technik nicht möglich ist.   Dreiachsportal mit hoher Wiederholgenauigkeit
Bisher nutzte PicoDrill für diese Arbeiten ein mit Schrittmotoren getriebenes Dreiachsportal. Als dieses einen größeren Defekt hatte, entschied sich PicoDrill für eine Neuinvestition. Mit dieser sollte es zukünftig möglich sein, neuartige Bearbeitungsverfahren zu demonstrieren, kundenspezifische Muster zu fertigen sowie weitere Anwendungsmöglichkeiten zu testen. Anforderung war ein betriebsbereites Dreiachsportal mit einem Nutzhub (X/Y/Z) von 1500 x 1000 x 150 mm, welches pro Achse eine Geschwindigkeit von 500 mm/s und eine Wiederholgenauigkeit von 0,05 mm garantiert. Eine definierbare Montageplatte unterhalb des Achssystems sollte die Möglichkeit bieten, die Bearbeitungsteile auf verschiedenste Weisen zu befestigen. Um das Portal durch eine normale Bürotür ins Labor befördern zu können, sollte es modular aufgebaut sein, sodass die einzelnen Module mit geringem Aufwand getrennt und wieder zusammengebaut werden können. Das System sollte zudem über eine einfache Ansteuerungsmöglichkeit verfügen. Vorzugsweise sollten Funktionsbibliotheken verfügbar sein, welche in einer gängigen Programmierumgebung eingefügt werden können und Punkt-zu-Punkt-Bewegungen sowie frei definierbare 3-Achsen-Bewegungsbahnen ermöglichen. Mit der Umsetzung dieser Aufgabe, für die lediglich acht Wochen Zeit zur Verfügung stand, wurde die Parkem Engineering AG, Vertriebspartner der Origa Divison Europe der Parker Hannifin Corp. betraut. Basierend auf den Anforderungen und dem vorgegebenen Budget wurde zuerst eine Machbarkeitsüberprüfung durchgeführt und danach das Pflichtenheft erstellt. Anschließend standen die Lieferzeiten der Komponenten und des Stahlunterbaus im Fokus, um die verbleibenden fünf Wochen bis zur Abnahme einhalten zu können.    Technische Angaben und Funktionsweise
Eine wichtige Basis des Portals bildet der Stahlunterbau. Er setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Das Hauptmodul besteht aus dem Stahl-Gerüst, das die Bewegungsachsen für X/Y/Z, die Energieketten sowie den Elektroschrank trägt. Alle elektronischen Komponenten inklusive Kabel sind am Modul befestigt, damit für die Demontage keine Kabel getrennt werden müssen. Die maximale Höhe dieses Moduls mit Z-Achse wurde so begrenzt, dass es quergestellt durch eine Bürotür passt. Ein weiteres Modul stellte die Montageplatte dar. Sie besteht aus einer Kombination von Aluminiumplatten, welche über die gesamte Breite Längsnuten aufweisen. Die Gesamtgröße der Platte beträgt 1600 x 1300 mm. Letztlich können die Beine separat montiert werden. Sämtliche Stahlprofi le sind mit speziell überarbeiteten Flächen vorgesehen und dienen dem exakten mechanischen Ausrichten des Systems nach dem Zusammenbau. Die einzelnen Linearbewegungen erfolgen mit elektromechanischen Origa Linearachsen. Als X-Achse wird eine Origa Doppel-Zahnriemenachse des Typs OSP-E20-BHD mit Kugelumlaufführung eingesetzt. Über das große Ritzelrad und den verstärkten Riemen können hohe Axialkräfte erreicht werden. Aufgrund des flach liegenden Ritzelrades ist die Achse zudem sehr kompakt gebaut. Die Antriebsstationen der X-Achsen sind über eine starre Verbindungswelle mechanisch gekoppelt, sodass nur ein Servomotor benötigt wird. Für die Y-Achse ist die identische Achse als Einzelachse eingesetzt worden. Als Z-Achse ist  die Spindelachse OSP-E25-SB im Einsatz. Um die hohen Kipp-, Gier-, und Rollmomente aufzunehmen, welche bei voll ausgefahrener Achse und hoher Beschleunigung entstehen, sind die Y- und Z-Achse mit einer externen Führung verstärkt. Sämtliche Achsen werden über Planetengetriebe mit den kompakten SMH-Synchronservomotoren angetrieben. Über Energieketten werden die Leistungs-, Feedback- und Sensorenkabel zum Schaltschrank geführt.   Der Schaltschrank enthält die Leistungsschütze, die 24-VDC-Speisung für die Logik, die Komponenten für den Not-Aus-Kreis und die intelligenten Servoantriebsregler Xenus von Copley Controls. Die mit 230 VAC versorgten Antriebsregler steuern über die integrierte Kaskadenregelung die Servomotoren. Neben den bekannten Reglerkreisparametern verbessern Vorsteuerungs- und Filterparameter das Endresultat der Regleroptimierung zusätzlich. Die Profilberechnung fi ndet in den jeweiligen Reglern statt. Der Zugriff kann über digitale I/O, über den seriellen Port oder über CANopen erfolgen. Aufgrund der hohen Performance und der erweiterten Möglichkeiten hat Parkem Engineering die Ansteuerung über den Feldbus CANopen empfohlen. Zudem stellt Copley Controls für seine Servoregler-Funktionsbausteine in Form von COM-Objekten kostenlos zur Verfügung, welche beispielsweise in LabView oder in die NET-Programmierumgebung eingefügt werden können. Diese Funktionsbausteine erlauben die koordinierte Ansteuerung mehrerer Achsen über CANopen auf «Hochsprachniveau». Der Programmierer kann somit die zur Verfügung stehenden Funktionen verwenden und muss sich nicht um die Details des CANopen-Protokolls kümmern. Eine Besonderheit dieser COM-Objekte ist die PVT-Funktion (Position-Velocity- Time). Mit dieser können freie, mehrachsige Bahnprofi le definiert werden. Eine interne Funktion wertet das Bahnprofi l laufend aus, teilt die Werte auf die einzelnen Achsen auf und sendet diese an die Antriebsregler. Die einzelnen Werte werden in den Reglern in FIFO-Buffer zwischengespeichert und gelangen entsprechend der Zeitangabe in die interne Bahnvorgabe. Die kleinstmögliche zeitliche Auflösung liegt bei 1 ms. Positionen zwischen zwei Punkten werden kubisch interpoliert. Sind mehrere Achsen beteiligt, findet die Synchronisation über CANopen «Synch» statt. Die Schnittstelle zwischen dem Dreiachsportal und dem kundenseitig erstellten, PC-basierten Programm wurde auf CANopen- Ebene festgelegt. Mit diesem kann PicoDrill neben dem Dreiachsenportal auch die eigene Elektronik ansteuern.    Perfekte Zusammenarbeit
Parkem Engineering hat von der Anfrage bis zur Realisierung das gesamte Projekt mit Kunde und Partnern koordiniert. Von der Anfrage bis zur Abnahme vergingen nur acht Wochen. Zu den Aufgaben zählten die Machbarkeitsstudie, das Erstellen des Pflichtenheftes, die Auslegung und Auswahl der passenden Parker Origa Linearachsen und Motoren sowie der Antriebsregler inklusive Bustechnologie, welche eine geeignete Ansteuerungsmöglichkeit gibt. Für die Detailplanung der Konstruktion und Montage sowie des Schaltschrankes inklusive Not-Aus-Kreis hat Parkem Engineering mit dem Partnerunternehmen Imex Technik AG gearbeitet, bei der das System aufgebaut wurde. Als abschließende Arbeiten montierte Parkem Engineering die Antriebskomponenten und führte deren Inbetriebnahme durch. Wichtig war dabei, bei jeder Achse die optimale Regelungseinstellung zu finden, damit die erforderlichen Maximalgeschwindigkeiten und die geforderten Genauigkeiten erreicht werden konnten. Um das Dreiachsportal ohne Kundenprogramm koordiniert bewegen zu können, schrieb Parkem Engineering ein VisualBasic-Programm, das auf den Copley-COM-Objekten basiert und die koordinierte Fahrt ermöglicht. Damit konnten sämtliche Bewegungs- und Genauigkeitstest bei der fristgerechten Kundenabnahme durchgeführt werden.