Keine Chance für Toleranzen – Mit smarter Software toleranzbehaftete Prozesse automatisieren

Die Automatisierung von toleranzbehafteten Prozessen stellt bis heute in vielen Fällen eine Herausforderung dar. Zumindest wenn man es über herkömmliche Herangehensweisen versucht. Mit den smarten Softwarelösungen von ArtiMinds lassen sich zuverlässige Anwendungen hingegen unkompliziert erstellen. Wie breit das Spektrum ist, veranschaulichen verschiedene bereits umgesetzte Beispiele.

  • Bestimmung des Griffpunkts und der Greiferausrichtung, relativ zum Kabel anhand eines Scans des Kabelendes. Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH
    Bestimmung des Griffpunkts und der Greiferausrichtung, relativ zum Kabel anhand eines Scans des Kabelendes. Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH
  • Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH
    Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH
  • Schematischer Aufbau eines Bewegungsablaufs, vereinfacht durch die Verwendung der umfangreichen Bausteinbibliothek. Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH
    Schematischer Aufbau eines Bewegungsablaufs, vereinfacht durch die Verwendung der umfangreichen Bausteinbibliothek. Quelle: ArtiMinds Robotics GmbH

In der industriellen Produktion und Montage finden sich eine Vielzahl von toleranzbehafteten Prozessen, die Anwender auch bei einer manuellen Umsetzung vor große Herausforderungen stellen. Dazu gehören etwa die Montage von Baugruppen mit aufeinander aufbauenden Toleranzen, das Handling von biegeschlaffen Teilen oder End-Of-Line-Tests von kompletten Baugruppen. 

Was zeichnet stark toleranzbehaftete Prozesse aus? 

Produktionsprozesse in den genannten Bereichen weisen Toleranzen meist in mehreren Dimensionen auf, so dass der Einsatz einfacher Messverfahren oder mechanischer Lösungen nicht ausreicht, um sie zuverlässig zu automatisieren. Häufig stehen keine Anbieter am Markt zur Verfügung, die sich mit der Entwicklung von Sonderlösungen mit aufwendigeren Messverfahren auskennen. Als Konsequenz werden trotz sinnvollem ROI Automatisierungspotentiale liegen gelassen. 
An dieser Stelle können smarte Softwarelösungen, wie sie ArtiMinds anbietet, ihre Vorteile ausspielen. Denn dann sind weder mehrdimensionale Toleranzen ein Problem, noch fehlendes Expertenwissen. Stattdessen führen zwei Schritte zum Erfolg:

  • Der erste Schritt ist die unkomplizierte Feststellung der relevanten Toleranzen. Für die Messung der Toleranzen kommen mit den ArtiMinds-Tools viele verschiedene Sensorikverfahren in Frage.
  • Im zweiten Schritt sorgt die Daten-getriebene Verbesserung der Automatisierungsanlage für mehr Leistung, indem vermessene Toleranzen wiederverwendet werden.

 

Fallbeispiel 1: Stecker-Montage 

EBM-Papst setzt seit Mitte letzten Jahres drei Robotiklösungen mit ArtiMinds-Software für die Produktion von Gebläselüftern im Werk in Landshut ein. Die Montageroboter stecken Leiterplatinen auf ein schwimmend gelagertes Gehäuse. Die prozesssichere und taktzeitkonforme Durchführung des stark toleranzbehafteten Prozesses erfolgt unter Verwendung der ArtiMinds­Features für den Toleranzausgleich mittels Kraft/Momenten-Sensorik. Bei der Inbetriebnahme konnten mit der automatischen Prozessdatenerfassung und -analyse die Ergebnisse des Toleranzausgleichs einzelnen Werkstückträgern zugeordnet und gezielt verbessert werden, wovon auch weitere Prozessschritte in der Anlage profitieren. 

Nach der Montage führen zwei Roboter einen End-Of-Line-Test durch, bei dem mehrere Stecker automatisch auf der montierten, schwimmend gelagerten Platine kontaktiert werden. Der Toleranzausgleich erfolgt dabei ebenfalls mit ArtiMinds-Tools, was die Prozesssicherheit erhöht. Aufgrund der frei konfigurierbaren Steckerposition auf der Leiterplatine müssen die Roboter neben unterschiedlichen Bauteilvarianten auch bis zu 360 Winkelstellungen des Steckers abdecken. Die Taktzeitanforderungen werden erfüllt, indem EBM-Papst die Softwarefunktion TPO (Teach-Punkt-Optimierung) einsetzt. Sie berechnet anhand des zuvor durchgeführten Toleranzausgleichs pro Variante und pro Winkelstellung einen passenden Anfahrpunkt und stellt diesen über eine SPS dem Roboter zur Verfügung. Somit passt sich der Prozess nach wenigen Durchläufen automatisch den Toleranzen der jeweiligen Variante und Winkelstellung an. Über die Produktionsdauer hinweg können somit auch Toleranzen von weiteren Chargen in die Datenbank integriert werden. Dieser Lerneffekt führt zu einer robusten Produktion und verhindert ein aufwändiges Nachteachen bei veränderten Bedingungen. 

Fallbeispiel 2: Kabel-Handling 

Ein anschauliches Beispiel für die Herausforderungen von biegeschlaffen Teilen ist das automatische Abgreifen von Kabeln. Mit der Bausteinbibliothek von ArtiMinds kann die Bestimmung des Griffpunkts und die Ausrichtung des Greifers relativ zum Kabel anhand eines Scans des Kabelendes schnell und prozesssicher umgesetzt werden. Auf diese Weise lässt sich ein breites Spektrum an Zuführungsarten realisieren. Um solche Anwendungen möglichst einfach umzusetzen, erlaubt die Software die einfache Verwendung von Standardsensoren im Roboterprogramm, z.B. 2D- und 3D-Kameras aber auch Profil-Laserscanner, um Toleranzen automatisch zu bestimmen und auszugleichen. 

Eine Herausforderung ist, dass bei stark toleranzbehafteten Prozessen wie dem Kabel-Handling häufig nicht nur eine, sondern mehrere Messungen verrechnet werden, um alle Toleranzen zu bestimmen. Profil-Laserscanner bieten eine schnelle, hochgenaue 3D-Vermessung entlang einer Linie bei vergleichsweise einfacher Einrichtung und geringen Kosten. Mit der ArtiMinds-Bibliothek lassen sich die Ergebnisse von Profil-Laserscannern direkt auf der Robotersteuerung weiterverarbeiten ohne zusätzlichen Auswertungsrechner. Die Bibliothek unterstützt neben dem Datenbezug (d.h. Auslösen von Detektoren, Ergebnisbezug und mehrfache Ergebnisspeicherung) auch die Datenverarbeitung. Letztere umfasst von einfachen Operatoren (z.B. Sicherheitschecks) bis zu komplexeren Operatoren (z.B. Erstellung eines Scans aus vielen Messungen) eine breite Palette an Möglichkeiten für neuartige Automatisierungslösungen. 

Fallbeispiel 3: kraftgeregelte Montage 

Mit dem Tool LAR bietet ArtiMinds die Möglichkeit, Prozessdaten von der Robotersteuerung im laufenden Betrieb zu beziehen und abzuspeichern. Sie werden zeitlich den programmierten Teilprozessen zugeordnet, wodurch deren Analyse und Überwachung unkompliziert möglich ist. Bei stark toleranzbehafteten Prozessen lohnt es sich aber, noch einen Schritt weiter zu gehen: Mit der automatischen Teachpunktoptimierung (TPO). Dabei ist die Verarbeitung der Daten aufgrund der verwendeten Schnittstellen standardisiert und ein Zugriff einfach möglich. Die große Stärke kommt durch eine Vielfalt an Filterungsmöglichkeiten. Damit kann sich der Nutzer einfach entscheiden, ob er Optimierungen etwa pro Werkstückträger, Werkstückvariante oder Charge durchführen will. 

Ein anschauliches Beispiel ist die automatische Montage von Zahnrädern, wie sie die Firma Primus Präzisionstechnik mit ArtiMinds-Software umgesetzt hat. Bei der Anwendung geht es darum, aus mehreren Einzelteilen Kleingetriebe herzustellen, d.h. drei Wellen und fünf Zahnräder in ein Getriebegehäuse einzubauen. Vor der Platzierung werden alle Teile noch gefettet. Es handelt sich also um eine komplexe Applikation mit vielen Prozessschritten und unterschiedlichen Komponenten, sprich hoher Variantenzahl. Primus ging es bei der Automatisierung nicht um Taktzeitoptimierung, sondern um die Steigerung der Prozess- und Wiederholgenauigkeit. Die Analysesoftware LAR liefert detaillierte Auswertungen und Daten über den Produktionsprozess, basierend auf den Roboterbewegungen, den Kraft/Momenten-Messungen, den Bildverarbeitungsergebnissen oder den Fehlercodes. So lässt sich Verbesserungspotenzial, das mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen wäre, einfach objektivieren. Im Ergebnis kann Primus die Präzision der Anwendung bis im 100stel-Bereich nachjustieren und nach einigen Durchläufen erneut auswerten, ob die Änderungen den gewünschten positiven Effekt erzielt hatten. 

Die Vorteile der ArtiMinds-Tools liegen auf der Hand: Ohne Expertenwissen und großen Programmieraufwand können selbst stark toleranzbehaftete Prozesse ökonomisch sinnvoll automatisiert werden. Die entstehenden Anlagenkonzepte sind aufgrund des zentralen Einsatzes der Tools und Standardkomponenten sehr flexibel und können einfach an neue Anforderungen adaptiert werden.

Autorin: Silke Glasstetter | ArtiMinds Robotics GmbH