Frequenzumrichter und Visualisierungssysteme „Made in Germany“

Wir haben mit Susanne Brittling, Geschäftsführerin der BMR elektrischer & elektronischer Gerätebau GmbH, über aktuelle Neuentwicklungen gesprochen.

  • Susanne Brittling, Geschäftsführerin der BMR elektrischer & elektronischer Gerätebau GmbH
    Susanne Brittling, Geschäftsführerin der BMR elektrischer & elektronischer Gerätebau GmbH
  • Motorview- und Display-Einheit für die Visualisierung der Antriebswerte
    Motorview- und Display-Einheit für die Visualisierung der Antriebswerte
  • Frequenzumrichter SFU 400 und SFU 1000
    Frequenzumrichter SFU 400 und SFU 1000

IEN D-A-CH: Als spezialisiertes Unternehmen ist BMR wahrscheinlich noch nicht allen unseren Lesern ein Begriff. Bitte geben Sie uns einen kurzen Überblick zur Firmengeschichte und den Tätigkeitsfeldern.
Brittling:
Die Firma BMR elektrischer & elektronische Gerätebau wurde 1978 von meinem Mann, Rudolf M. Brittling (BMR) gegründet. Zunächst beschränkte sich der Firmenzweck auf die Fertigung für Triumph Adler und Lehmann-Eisenbahnen, bald kam die Entwicklung von eigenen elektronischen Steuerungen hinzu und 1991 auch das Geschäftsfeld von Frequenzumrichtern für schnell drehende Motoren.

Unser Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und Herstellung von Frequenzumrichtern ‚made in Germany‘. Hier sind wir im Niedervoltbereich Marktführer. Zu unseren Kunden zählen die Schaeffler-Gruppe im In- und Ausland, UVA-Schweden, Precise–Frankreich, IPTE und viele mehr. Qualität, Zuverlässigkeit, Kontinuität und Nachhaltigkeit sowie ein schneller, umfangreicher Support sind die ausschlaggebenden Argumente für die Umrichter aus unserem Hause.

IEN D-A-CH: In welchen Branchen und Industriebereichen werden die verschiedenen BMR-Umrichter eingesetzt?
Brittling:
Unsere Frequenzumrichter finden ihren Einsatz beim Fräsen, Schleifen und Gravieren - kurz überall dort, wo schnell drehende Synchron- und Asynchron-Motoren bis 3,6 KW Leistung und mit Drehzahlen bis 100.000 Upm angetrieben werden müssen. Das kann in großen Schleifzentren der Fall sein, aber auch in kleineren oder mittelgroßen Fräs- und Schleifautomaten sowie für alle CAD/CAM-Systeme. Die Modulumrichter SFU 400 und SFU 0156 sowie der neue SFU 1000 sind in Dentalmaschinen und Anlagen für die Herstellung von Leiterplatten integriert, beispielsweise beim Nutzentrennen oder Leiterplattenbohren.

IEN D-A-CH: Welche Eigenschaften lassen sich bei BMR-Umrichtern besonders hervorheben?
Brittling:
An erster Stelle ist es die präzise Abstimmung auf die verwendeten Motore. Mit unseren Produkten erreichen wir ein exaktes Arbeitsergebnis. Das ist für unsere Kunden von großer Bedeutung. Die spezifischen Eigenschaften der Motore werden in einer Kennlinie erfasst und in den Umrichter eingespielt. Die Herausforderung besteht darin, eine übermäßige Erwärmung der Spindel zu vermeiden und dadurch ein qualitätsminderndes Längenwachstum des Rotors zu minimieren.

Der zweite Punkt ist maximale Kundenorientierung. Mir ist bewusst, dass diese Aussage zigtausend Mal gemacht wird, aber ich sage sie hier trotzdem. Wir arbeiten häufig direkt beim Kunden vor Ort in der Produktion, um Prozesse zu testen, zu überprüfen und gemeinsam zu optimieren. Auf Grundlage dieser Erfahrung entstehen Innovationen, die sich in der Praxis bewähren. Design, wachsende Bedienerfreundlichkeit der Geräte und insbesondere Sicherheitsaspekte spielen hier eine große Rolle. Ein Beispiel ist unser leistungsstärkstes Gerät, der SFU0303, der mit der Sicherheitsabschaltung STO (Safe Torque Off) ausgestattet ist. Diese Funktion ist jetzt auch serienmäßig beim jüngsten Produkt, dem SFU1000, integriert.

IEN D-A-CH: Als Erweiterung des Produktportfolios sind seit kurzer Zeit zwei Prozessvisualisierungssysteme im Programm, DressView und MotorView. Was können die Systeme und wo liegt der Mehrwert für den Anwender?
Brittling:
Mit unserem selbstentwickelten Produkt DressView lassen sich Spindeln mit Körperschall-Systemen durch Standardspindeln ersetzen. Das spart den Kunden bares Geld. Denn jetzt wird die Spindel selbst zum Sensor, der feinste Änderungen in der Belastung erkennt und im System auswertet. Hierdurch entstehen noch weitere Vorteile: Qualitätssteigerung, Reduzierung von Stillstandszeiten durch bessere Wartung und langfristig weitere Kostenersparnis durch die verlängerte Nutzung der Schleifwerkzeuge. 

Unsere zweite Innovation in der Messtechnik heißt MotorView. Dieses System überwacht auf eine besonders sensible und damit besonders aussagekräftige Weise die Motorströme und erkennt schnell, zuverlässig und frühzeitig Probleme im Antrieb und beim Werkzeugverschleiß. Eine einfache Einbindung, auch in bereits bestehende Anlagen war uns bei der Entwicklung ein besonderes Anliegen.

Mit diesen Produkten sind wir in einen neuen Markt gekommen: Die vorausschauende Wartung, die in Zeiten von Industrie 4.0 und Smart Factories immer bedeutender wird.

Mit dem DressView beziehungsweise Motor-View lässt sich der Auftreffpunkt des Abrichtwerkzeugs auf die Schleifscheibe exakt detektieren und das Abrichtergebnis bewerten. Dadurch kann die Zustellung und Abnahme im μ-Bereich erfolgen. Somit wird von hochwertigen CBN-Scheiben nur so viel abgenommen, wie unbedingt erforderlich ist, um wieder ein perfektes Schleifergebnis zu erzielen. Abrichten ist aber nicht das ausschließliche Einsatzgebiet. Wie ich bereits erwähnt habe, sind es Instrumente zur Motorüberwachung, die besonders feinfühlig arbeiten. Wir reden hierbei nicht nur von schnelldrehenden HF-Spindeln, sondern auch von Anwendungen, bei denen in Produktionsprozessen Standard-Motoren im Einsatz sind, um beispielsweise Abfüllanlagen oder Wickelmaschinen anzutreiben. Motoren unterliegen immer einem Verschleiß, der zu einem plötzlichen Ausfall oder zu einer verminderten Leistung führen kann. Hier setzen unsere Produkte an. Und deshalb amortisieren sich Installationsaufwand und -kosten der Module rasch.

Ich nenne Ihnen ein konkretes Beispiel. Bei einem Testeinsatz mit Motorview bei Schaeffler Aerospace zeigte sich, dass der verwendete Frequenzumrichter für die vorliegende Anwendung nicht optimal geeignet, ja im Produktionsprozess verantwortlich für die ungenügenden Fertigungsergebnisse war. Wir haben ihn durch ein passendes Modell von uns ersetzt.

IEN D-A-CH: Wodurch unterscheidet sich MotorView hauptsächlich von seinem „Kollegen“ DressView?
Brittling:
MotorView ist ein herstellerunabhängiges System zur Überwachung der Lastwerte einer Antriebslösung bis zu 12kVA Leistung. Typischerweise sind in einer Maschine Umrichter und Spindel von beliebigen Herstellern bereits vorhanden. Es wird dann zusätzlich in die Spindelzuleitung eingeschleift. Die zugehörige, über ein Kabel verbundenen Displayeinheit parametriert und visualisiert grafisch die Leistungsdaten des Antriebs.

DressView erhält der Kunde zusammen mit einem Frequenzumrichter bis maximal 3,6kVA aus unserem Haus; je nach Einsatzort entweder als kompaktes Tischgerät oder, als Schaltschrankausführung. In dieser Zwei-Komponenten-Version, ist das Modul mit dem Umrichter mit einer Verbindungsleitung vernetzt. Gleichzeitig ist es möglich, es als mobiles und flexibles Hand-Bedienteil (Operating Terminal OT) an der Maschine zu befestigen oder als Panel Mounting Unit PMU direkt in das Bedienfeld zu integrieren.

IEN D-A-CH: Wie ist bisher die Resonanz auf die Einführung der neuen Prozessvisualisierungssysteme?
Brittling:
Als „kleine“ Firma braucht man einen langen Atem, um sich gegen etablierte Systeme durchzusetzen. Das war uns von Anfang an bewusst. Gerade bei Großfirmen mit langen Bewilligungsprozessen muss viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, um vom Techniker bis zum Einkäufer die richtigen Argumente zu liefern. Umso erfreulicher ist es, dass beispielsweise bei dem bekannten Unternehmen Schaeffler Aerospace mehrere Systeme im Einsatz sind, um die Fertigungsprozesse noch effizienter zu gestalten. Hier gelang es uns zusätzlich, eine lange gesuchte Fehlerquelle umgehend zu detektieren. Die Verantwortlichen vor Ort zeigten sich überrascht und waren mehr als zufrieden. 

Smarte Messsysteme garantieren mehr Komfort, Sicherheit sowie mittel- und langfristige Kostenersparnisse, und werden standardmäßig in Anlagen integriert sein. Wir sind auf dem richtigen Weg.

IEN D-A-CH: Welche Strategien verfolgen Sie für die Produktion ihrer innovativen Produkte? Gibt es auch Kooperationen, um z.B. sicherzustellen, dass dem Unternehmen langfristig alle benötigten Kenntnisse und Kompetenzen zur Verfügung stehen?
Brittling:
 In Relation zur Größe unseres Unternehmens mit 20 Mitarbeitern haben wir ein starkes Einwicklungsteam. Vier Ingenieure und Techniker sind nicht nur für die Neuentwicklungen zuständig, sondern leisten auch technischen Support, wenn der Kunde in der Applikation mit Umrichter oder Spindel Probleme hat. Dadurch ist die Umsetzung von Kundenwünschen schnell und effizient möglich. Diese Flexibilität schätzen die Kunden von BMR ausdrücklich.

Bei größeren Projekten nehmen wir gerne die Unterstützung über die ZIM-Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Anspruch. Bei Kooperationen im Rahmen der „Zentralen Innovationsprogramme Mittelstand (ZIM)“ ist BMR auch als Partner an Projekten beteiligt, die nicht direkt etwas mit Frequenzumrichtern zu tun haben. Das unterstreicht die Kompetenz unserer Entwicklungsabteilung, die von den Technikern in der Qualitätsprüfung proaktiv unterstützt wird. Ich kann mich auf jeden Einzelnen in unserem Team verlassen. Das ist ein gutes Gefühl. Auf diese Weise arbeiten wir stets an neuen Projekten, die auch immer wieder durch Förderungen unterstützt werden.

IEN D-A-CH: Vielen Dank für das interessante Gespräch.