Piezotechnik im Hochvakuum

Piezoaktoren, Piezoschreitantriebe und Nanopositioniersysteme

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    Piezotechnik im Hochvakuum

Umgangssprachlich beschreibt „Vakuum“ einen weitgehend luftleeren Raum; auch Technik und klassische Physik verwenden den Begriff in diesem Sinne. Technische „Vakua“ finden Anwendung in der Forschung, in der Elektronenmikroskopie sowie in der Halbleiterindustrie, in der Raumfahrt oder in Fusionsreaktoren. Da hier oft für automatisierte Abläufe präzise positioniert werden muss, sind zuverlässige Antriebslösungen gefragt, bei denen keine das Vakuum verunreinigenden Ausgasungen zu befürchten sind und die gleichzeitig den oft extrem hohen Anforderungen an Genauigkeit und Dynamik gerecht werden. Positioniersysteme und Linearaktoren auf piezokeramischer Basis bieten für den Einsatz im Hoch- und Ultrahochvakuum bei Drücken bis 10-10 hPa (mbar) besonders gute Voraussetzungen, da die Bewegung auf Verschiebungen in der Kristallstruktur basiert. Es sind also keine klassischen mechanischen Elemente wie Wellen oder Getriebe und damit keine Wartung oder Schmierung erforderlich. Auch ein Ausgasen der verwendeten Werkstoffe ist nicht zu befürchten. Die PICMA-Aktoren beispielsweise, die die Karlsruher Firma Physik Instrumente (PI) im eigenen Tochterunternehmen PI Ceramic fertigen lässt, sind vollkeramisch ummantelt und verzichten auf polymerische Isolation. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat bei entsprechenden Prüfungen keine messbaren Ausgasraten festgestellt. Durch die Keramikisolierung steigt außerdem die nutzbare Obergrenze des Temperaturbereichs auf 150 °C; ein Vorteil für das Ausheizen in Vakuumanwendungen. Die Piezoaktoren arbeiten mit Auflösungen von unterhalb 1 nm, bei Ansprechzeiten von weniger als 1 ms. Eingesetzt in Nanopositioniersystemen für bis zu sechs Achsen lassen sich Stellwege zwischen 1 und 1.800 µm realisieren. Für größere Stellwege bieten sich – ebenfalls vollkeramische und vakuumtaugliche – Piezo-Schreitantriebe an. Je nach Ausführung eignen sich damit ausgestattete Positioniersysteme für Stellwege bis 30 oder  bis 125 mm und mehr. Systeme mit kapazitiven Sensoren erreichen bei Messbereichen bis zu einem Millimeter Auflösungen im Nanometerbereich und das direkt messend, berührungslos und natürlich UHV-kompatibel. Durch die direkte Messung werden Positionsfehler zuverlässig vermieden. Dabei können die Positioniersysteme beachtliche Lasten bewältigen. Schwerlastausführungen erreichen Antriebskräfte bis 600 N, für Schnelligkeit optimierte Varianten fahren mit Geschwindigkeiten von bis zu 10 mm/s bei einer Antriebskraft von 10 N. Im breiten Produktprogramm der Karlsruher Spezialisten finden sich darüber hinaus weitere piezokeramische Antriebslösungen für den Einsatz in Hoch- und Ultrahochvakuum: Für die Mikropositionierung gibt es Piezo-Ultraschallmotoren in vakuumgerechten Ausführungen. Linearpositionierer der PILine-Serie beispielsweise verfahren mit Geschwindigkeiten bis zu 400 mm/s bei Stellwegen bis 150 mm. Parallele Kinematiken wie Hexapoden oder Tripoden können mit piezokeramischen Ultraschall- oder Schreitmotoren aufgebaut werden und mehrachsige Bewegungen auch im Vakuum effizient umsetzen. Die Palette der möglichen Anwendungen für die vakuumtauglichen Präzisionspositioniersysteme ist dadurch breit. Sie reicht von hochauflösenden Mikroskopieverfahren über Chipherstellung und Raumfahrt bis hin zu Forschung und anderen Applikationen, bei denen im Hoch- oder Ultrahochvakuum gearbeitet wird. Dabei profitiert man noch von weiteren Eigenschaften der Peizomotoren: Sie müssen nicht bestromt werden, wenn die Position erreicht ist. Es gibt dadurch keine im Vakuum unerwünschte Wärmeentwicklung. Zusätzliche Bremsen sind nicht erforderlich, da Piezomotoren (Ultraschallantriebe und Schreiter) im Ruhezustand selbsthemmend sind.     Piezo-Schreitantriebe Piezokeramische Schreitantriebe sind ebenso wie klassische Piezoaktoren nichtmagnetisch, vakuumtauglich und bieten Auflösungen bis in den Subnanometerbereich. Durch ihre Funktionsweise ist der realisierbare Stellweg theoretisch unbegrenzt. Dazu wurden Längs- und Scherpiezos, also Piezoaktoren mit unterschiedlichen Bewegungseigenschaften, miteinander kombiniert. Entsprechend angesteuert sind damit dann sowohl Klemm- als auch Schubbewegungen realisierbar, die an den Gang eines Vierfüßlers erinnern. Damit kann die Last über den gesamten Weg mit konstanter Geschwindigkeit verfahren werden. Außerdem lässt sich auf diese Weise auch nach Erreichen der Zielposition die Position aktiv nachregeln. Man kann dadurch beispielsweise Schwingungen kompensieren.