Für effizientere Produktion über den Tellerrand schauen

Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik überreicht Otto Kienzle-Gedenkmünze an Dr. Ivan Iovkov

  • Oktober 1, 2019
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  • (v.l.): Prof. Peter Nyhuis, WGP-Präsidiumsmitglied und Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik der Leibniz-Universität Hannover; Dr. Ivan Iovkov, Institut für Spanende Fertigung der TU Dortmund, Quelle: Helmut-Schmidt-Universität HH
    (v.l.): Prof. Peter Nyhuis, WGP-Präsidiumsmitglied und Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik der Leibniz-Universität Hannover; Dr. Ivan Iovkov, Institut für Spanende Fertigung der TU Dortmund, Quelle: Helmut-Schmidt-Universität HH

Der Nachwuchsforscher Dr. Ivan Iovkov hat die renommierte Otto-Kienzle-Gedenkmünze der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik entgegengenommen. Im Rahmen des Jahreskongresses überreichte das WGP-Präsidiumsmitglied, Prof. Peter Nyhuis, dem Ausnahmewissenschaftler die Auszeichnung: „Mit seinem wissenschaftlichen Scharfsinn und seinem interdisziplinären Denken hat Dr. Iovkov nicht nur in seiner Dissertation neue Wege für die zerspanende Produktion aufgezeigt. Er hat schon während seines Studiums innovative Methoden für eine effizientere Produktion entwickelt, die bereits international Gehör und Eingang in die Industrie fanden.“ 

Eine effizientere und umweltfreundlichere Produktion ist das übergeordnete Ziel Iovkovs: „Grundlagenforschung betreibe ich nur selten zum Selbstzweck. Wichtig sind für mich immer ein praktischer Ansatz, der uns weiter bringt hin zur Produktion von morgen – und der Blick über den Tellerrand des Zerspaners.“ 

So hat sich der heute 34-Jährige während seines Studiums am Institut für Spanende Fertigung (ISF) der TU Dortmund ungewöhnlich früh erfinderisch gezeigt. Kaum dass er zur studentischen Hilfskraft eingestellt worden war, entwickelte er gemeinsam mit seinem HiWi-Vater Dr. Michael Kersting in den Jahren 2006 bis 2009 einen magnetorheologischen Torsionsschwingungsdämpfer. Hinter dem sperrigen Begriff versteckt sich eine mit Magnetspulen ausgestattete Kupplung, in der sich Öl mit magnetischen Partikeln befindet. Durch Veränderungen des Magnetfeldes lässt sich die Konsistenz der Flüssigkeit verändern und damit Schwingungen, die gerade in langen Werkzeugen beim Tiefbohren entstehen, verringern bzw. vollständig vermeiden. Dieses Projekt war der Anfang einer Reihe von Innovationen, die Iovkov entwickelte bzw. begleitete. 

Perfekte Bohrachsen trotz reduziertem KSS 

Seine Promotion widmete er dem Kühlschmierstoff (KSS) in der Zerspanung, oder besser gesagt neuen Methoden, um den Verbrauch deutlich zu reduzieren. „Ich möchte die Trockenbearbeitung bzw. die Minimalmengenschmierung voranbringen, weil sie großes Potenzial zur Reduzierung der hohen Umweltbelastung durch den KSS haben“, betont Iovkov. 

Beim Tiefbohren mit sehr langen Werkzeugen ohne oder mit wenig KSS wird vermehrt Wärme ins Bauteil eingebracht, so dass sich dieses verzieht. Infolge der Werkstückdeformationen weicht beim Tiefbohren die resultierende Bohrachse in aller Regel von der idealen Bohrachse ab. Der Wahl-Dortmunder entwickelte nicht nur eine Methode, die Ausmaße dieser Ungenauigkeiten mittels Simulation vorherzusagen. Er fand auch einen Weg, die Abweichungen von der idealen Achse, den sogenannten Mittenverlauf, zu kompensieren und trotz der unvermeidlich auftretenden Bauteilverzüge die gewünschte Bohrachse exakt einzuhalten. „Das erhöht Bauteilqualität und Sicherheit bei gleichzeitig hohen Energie- und Kosteneinsparungen, weil der KSS-Einsatz massiv reduziert werden kann. So tragen wir unseren Teil zu einer umweltgerechteren Produktion bei.“ Iovkov gewann mit seiner Dissertation nicht nur den Jahrgangsbestenpreis, sondern im Anschluss auch ein DFG-Erkenntnistransfer-Projekt. Das sorgte dafür, dass seine Methode heute nicht nur von der am Forschungsprojekt beteiligten Daimler AG angewendet wird, sondern in die breitere Anwendung getragen wurde.