Gradgenaue Regelung der Lacktemperatur in Druckmaschinen

Autor: Jochen Mark, Hans Turck GmbH & Co. KG

  • Das I/O-System BL20 sorgt nicht nur für die Signalverteilung, sondern beherbergt auch die CoDeSys-Regelungssoftware
    Das I/O-System BL20 sorgt nicht nur für die Signalverteilung, sondern beherbergt auch die CoDeSys-Regelungssoftware
  • Die Lacktemperatur wird mittels PT100 direkt an der Kamerarakel erfasst.
    Die Lacktemperatur wird mittels PT100 direkt an der Kamerarakel erfasst.

Mit dem kompakten Lacktemperiergerät Bricort hat die Industrie-Automation Vertriebs-GmbH (IAV) eine energieeffiziente und kostensparende Lösung für die exakte Temperierung von Printlacken entwickelt. Herz der Anlage ist das modulare I/O-System BL20 von Turck. Egal ob matt schwarz, farbig glänzend oder effektvoll metallisch glitzernd - perfekte Veredelungslackierungen auf Magazinen, Prospekten oder Verpackungen sind nicht nur eine Frage des individuellen Geschmacks. Sie setzen Akzente im Zeitschriftenregal und geben den Printobjekten eine besondere Wertigkeit. Die größte Herausforderung bei der Verarbeitung solcher Lacke - meist UV- oder Dispersionslacke - sind die unterschiedlichen optimalen Verarbeitungstemperaturen, mit denen der Lack aufden Bedruckstoff gebracht werden sollte. Aufgrund der in der Praxis eingesetzten großvolumigen Lackbehälter lassen sich deren Inhalte nur relativ träge und energieaufwändig auf die Solltemperatur bringen. Zusätzlich haben die Drucker das Problem, dass der Lack auf den oft langen Wegen zwischen Lackgebinde und Verarbeitungsstelle bereits wieder abgekühlt ist, so dass er letztlich nicht mehr im optimalen Temperaturbereich verarbeitet werden kann.

Mit dem neu entwickelten mobilen Lacktemperiergerät Bricort der Industrie-Automation Vertriebs-GmbH (IAV) aus Rodgau sind diese Probleme jetzt gelöst. Gemeinsam mit dem Institut für Druckmaschinen und Druckverfahren (IDD) der Technischen Universität Darmstadt entwickelten die Automations- und Engineering-Spezialisten innerhalb von drei Jahren ein kompaktes Temperiergerät, das sich einfach in vorhandene Lackiereinrichtungen einbinden lässt. Der Clou: Das Bricort genannte System misst die Temperatur der zu verarbeitenden Lacke sehr nah an der Veredelungsstelle, unmittelbar an der so genannten Kammerrakel, von der die Lacke über ein Walzensystem an den Bedruckstoff übertragen werden.
Im Anschlussstutzen zur Kammerrakel ist dazu ein PT100-Temperaturfühler von Turck angebracht, der kontinuierlich die Austrittstemperatur an die Steuerung meldet. Temperaturschwankungen durch lange Zulaufwege sind auf diesem Weg garantiert ausgeschlossen. ''Mit Hilfe des Bricort können Veredeler jetzt erstmals enge Temperaturtoleranzen von nur ±0,5 °C einhalten und die Temperatur sowie damit zusammenhängend die Viskosität des Lacks optimal einstellen'', erklärt Jann Neumann, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am IDD für die Entwicklung der Regelung verantwortlich war.

''Positiv überrascht''
Auf geringem Raum vereint das Bricort einen Steuerschrank mit''on Top'' eingebautem, mehrsprachigem Touchpanel zum Eingeben der gewünschten Verarbeitungstemperatur sowie eine Durchlauf-Temperiereinrichtung, in der die Lacke besonders schnell und schonend erwärmt oder durch Zuschalten eines Kühlaggregats gekühlt werden können. ''Bei diesem Aufbau reicht eine Kühlleistung von lediglich einem Kilowatt völlig aus. Das ist eine immense Energieeinsparung gegenüber herkömmlichen Geräten mit einer Kühlleistung von drei Kilowatt und mehr'', sagt Günter Jung, der technische Leiter der IAV.
Durch seine kompakte, modulare Bauweise und die Möglichkeit, einfach in beliebiger Reihenfolge weitere Elektronikmodule in das System einzubinden, stellte sich Turcks Remote-I/O-Station BL20 schnell als geeignete Lösung heraus. ''Wir haben primär nach einer Hardware gesucht, die kompakt ist und mit CoDeSys programmiert werden kann'', kommentiert Jung die Entscheidung für Turck. ''Außerdem wollten wir das Programmier-Know-how schützen, mit dem eine Regelung geschaffen wurde, die die Temperatur in einem Korridor von nur 1 °C exakt halten kann. In der Kompaktsteuerung des BL20-Gateways ist das CoDeSys-Programm perfekt vor einem Fremdeingriff geschützt.''

Den Prototypen der Anlage hatten Neumann und Jung mit Steuerungskomponenten von National Instruments entwickelt. ''Die NI-Komponenten sind zwar leistungsstark, aber auch groß und für den Serieneinsatz zu kostspielig'', sagt IAV-Technikchef Jung, der sich für den Elektro- und Steuerungsbau das Ingenieurbüro Stefan Globig ins Haus geholt hat . ''Die Turck-Steuerung im BL20-Gateway ist nicht nur sehr kleinvolumig, sondern auch vom Preis-/Leistungsverhältnis für den Serieneinsatz ideal'', so Jung. ''Man darf auch nicht vergessen, dass Turck die Entwicklungs-Software mit einer großen Vielfalt an fertigen Funktionsbausteinen lizenzfrei zur Verfügung stellt und wir damit innerhalb weniger Minuten die ersten Programmzeilen schreiben konnten'', ergänzt Stefan Globig. ''Ich war positiv überrascht, wie gut und schnell die Einbindung des Displays eines Drittherstellers in das System funktioniert hat.''
Das BL20-System kann zudem bei Bedarf problemlos erweitert werden, indem einfach zusätzliche Module in das System eingerastet werden. Die Elektronikmodule werden in die Basismodule eingeschoben und fixiert. Dank der kompakten Bauform der BL20-Komponenten ist auch im Bricort-Steuerschrank noch Platz für einen Ausbau. Pfiffiges Detail: Durch die Trennung von Anschlussebene und Elektronik können zwei nebeneinander liegende Elektronikmodule im laufenden Betrieb ausgetauscht werden, ohne dass zu Störungen kommt oder die Verdrahtung abgeklemmt werden müsste.

Herzstück der Anlage
Im IAV-Temperiergerät verbindet die BL20-Remote-I/O -Station Sensoren und Aktoren mit der Gateway-eigenen Steuerung. Über das Modbus-TCP-Protokoll ließe sich das Temperiergerät zudem direkt mit der Steuereinheit der Druckmaschine verbinden, sodass Druck- und Veredelungsvorgang über eine Einheit gesteuert werden könnten. ''Zusammen mit dem Touchpanel ist die BL20-Station damit das Herzstück der Anlage'', fasst Globig zusammen.
Mit der Entwicklung des Bricort wollen die Entwickler der IAV die fluidtechnische Prozessautomation in Veredelungsanlagen aber noch nicht beenden: ''Unsere Gedanken gehen bereits dahin, eine integrierte Lösung zu schaffen, die in einer Anlage alle Komponenten wie Lackaufbereitung, Lackversorgung und die zugehörigen Schlauchbaugruppen vereint'', erklärt Jung.