• Lothar (links) und Gebhard Kübler sind Geschäftsführende Gesellschafter der Fritz-Kübler GmbH
    Lothar (links) und Gebhard Kübler sind Geschäftsführende Gesellschafter der Fritz-Kübler GmbH

TR: Herr Kübler, Ihr Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Was würden Sie als die primären Erfolgsfaktoren benennen?  
LK: Es sind die 320 Menschen in unserer Organisation. Warum meine ich das? Unser Team hat in den letzten Jahren mehr und mehr gelernt, sich schnell zu verändern, vorausschauend Fehler zu vermeiden oder die Marktgegebenheiten gar zu einem gewissen Teil vorauszusehen. Unser Team bringt einen hohen Einsatz und immer wieder hochinnovative Impulse. Dieser Mix erweist sich immer mehr als unser eigentlicher strategischer Wettbewerbsvorteil. Damit einhergehend legen wir großen Wert auf lange und intensive Kundenbeziehungen, durch die wir wiederum früher wissen, was Kunden zukünftig benötigen. Ich bin sicher, dass unser Wachstum damit zusammenhängt. Unsere Kunden spüren dies, indem sie innovative Lösungen erhalten, zuverlässig bedient werden und sich auf hohe Kübler-Qualität verlassen können. Diese besondere Unternehmenskultur konnten unsere Kunden auch erleben, als sie bei unseren Jubiläumsfeierlichkeiten im Juli zu Gast waren.   TR: Welche sind aus Ihrer Sicht die produktbezogenen Meilensteine der vergangenen 50 Jahre?  
GK: Einen ersten Meilenstein konnte unser Vater zweifelsohne bereits im ersten Jahr des Unternehmens setzen. 1960 brachte die Fritz Kübler Feingerätebau einen patentierten Kurzzeitmesser mit permanenter Zeitanzeige auf den Markt, Kurz darauf baute mein Vater dann die ersten elektromechanischen Zähler; beispielsweise den ersten Vorwahlzähler, der die „unglaubliche“ Zählgeschwindigkeit von 100 Hz erreichte. 1975 folgte mit den elektronischen Zählern eine weitere technische Neuheit. Mitte der 80er Jahre startete das Unternehmen mit Miniaturzählern durch. Dank immer neuer, durch Patente geschützter Modelle, wurden wir hier zum Markt- und Qualitätsführer. Mit der Codix-Serie in den vergangenen zehn Jahren konnten wir auf dem Bereich Elektronikzähler und Prozessgeräte unsere Position ausbauen. 1989 begann dann die Entwicklung der Weg und Winkelsensorik. Dieser Schritt war zu Beginn mühsam, wurde jedoch besonders die letzten 15 Jahre zur Erfolgsgeschichte, in der wir mit der Einführung der Sendix Drehgeber Familie 2005 ein ganz besonderes Kapitel geschrieben haben. Für die jüngste Neuheit, den kleinen Multiturndrehgeber Sendix F36, konnten wir den begehrten Golden Mousetrap Award in den USA erhalten, und in Deutschland landeten wir auf Nummer 1 bei dem Sensor Messtech Award. Die Juroren waren von der optischen Intelligent Scan Technology des nur 36mm großen Drehgebers angetan, die eine hochpräzise Positionsbestimmung mit Feedback in Echtzeit ermöglicht.   TR: Zusammen mit Ihrem Bruder Gebhard leiten Sie das Unternehmen seit 1997. Wie sieht Ihre Aufgabenteilung aus?  
LK: Wir haben eine Aufteilung der Zuständigkeitsbereiche, die jedoch flexibel genug ist, um jeweils auf neue Anforderungen und Projektaufgaben reagieren zu können. Während mein Bruder Gebhard seine Schwerpunkte in den Bereichen Vertrieb Inland, Marketing, Personalplanung, Einkauf und Fertigung setzt, stehe ich dem Export, der Entwicklung sowie dem Bereich Finanzen und der IT vor. Da wir beide sehr enge Kundenkontakte pflegen, können wir gemeinsam die „Meinung des Kunden“ in das Unternehmen hinein tragen. Auf diese Weise ist die Kübler Gruppe stets kundenorientiert; gleichzeitig ergänzen sich unsere individuellen Erfahrungen vorteilhaft.   TR: Nach einem rund 17-prozentigen Umsatzrückgang in 2009 konnten Sie in diesem Jahr wieder kräftig zulegen. Wie sind Ihre Erwartungen für 2011?  
LK: Um Ihnen einen Überblick zu geben: Wir konnten in den letzten 10 Jahren unseren Umsatz von ca. 12 Mio Euro auf dieses Jahr knapp 40 Mio Euro in der Gruppe steigern. Dabei spielt 2010 eine wichtige Rolle, wir erwarten über 40% Wachstum, so stark wuchsen wir noch nie. Wir führen dies auf 2 Gründe zurück. Zum einen zieht der Bedarf allgemein an, zum anderen konnten wir einige große Leitkunden gewinnen. Insgesamt haben wir unseren Marktanteil ausgebaut. Das bedingt auch einen erheblichen Kapazitätsausbau, So haben wir die Belegschaft schon um 10% vergrößert in diesem Jahr. Um unser hohes Liefertreueziel zu halten, investieren wir auch erheblich in die Logistik. Wir nahmen sogar in Kauf, kurzfristig die Bestände zu erhöhen, um einen Vorteil durch relativ kurze Lieferzeiten zu sichern, denn auch wir hatten im zweiten und dritten Quartal damit Probleme. 2011 rechnen wir erneut mit einem zweistelligen Umsatzplus. Wir erwarten Zuwächse für alle drei Geschäftsbereiche.    TR: Die Kübler-Gruppe unterteilt sich in drei Geschäftsbereiche: die Weg- und Winkelsensorik, Zähl- und Prozesstechnik und die Übertragungstechnik. Wo liegen gegenwärtig ihre branchenbezogenen Schwerpunkte und in welchen Branchen möchten Sie in absehbarer Zeit stärker Fuß fassen?  
GK: Wir sind in vielen industriellen Branchen unterwegs. In mehreren Branchen jedoch hat Kübler in den letzten Jahren spezielle Lösungen entwickelt, qualifizierte Branchenmanager eingestellt und nicht zuletzt auch dadurch verhältnismäßig hohe Marktanteile erreicht. In der Weg- und Winkelsensorik gehören die Antriebstechnik (Getriebemotoren Fokus), die Aufzugstechnik oder Windenergieanlangen dazu. Märkte wie Energiezähler sind ein Beispiel für die Zähltechnik. In jüngster Zeit kommen neue Branchen hinzu, so z.B. die Mobile Automation und die Stahlindustrie. Im Geschäftsbereich OPS (OEM Produkte und  Systeme) können wir weitergehende System oder OEM-Lösungen realisieren. Ein Beispiel: Wir beliefern einen großen Hersteller von Funkenerodiermaschinen mit einer Kombination aus DC-Antrieb und Drehgeber incl. Befestigungsmechanik. Dazu arbeiten wir mit zertifizierten Partnern zusammen. Wir übernehmen die Gesamtverantwortung, und damit erhalten unsere Kunden alles aus einer Hand.   TR: Als einen Erfolgsfaktor Ihres Unternehmens benannten Sie auf einer Pressekonferenz anlässlich der 50-Jahr-Feier auch die Kaizen-Kultur in Ihrem Unternehmen. Was bedeutet Kaizen, und welche positiven Effekte hat diese Kultur bei Kübler, und was hat der Kunde davon?  
GK: Kaizen wurde ursprünglich bei Toyota geboren und hat als Grundgedanke das ständige Streben nach Verbesserung. Es handelt sich um eine Daueraufgabe, bei der alle Mitarbeiter involviert sind. Wo kann Verschwendung abgestellt, wie kann die Qualität oder Flexibilität noch weiter erhöht werden? Das sind typische Fragen. Zunächst bauten wir eine entsprechende Organisation dafür auf, mit Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung und Befugnissen. Dann erst setzten wir auf die Anwendung von Qualitätswerkzeugen und Verfahren. Der Nutzen für unsere Kunden: Qualität und Zuverlässigkeit steigen stetig. Wir haben dazu seit 2 Jahren ein Vollzeit–Kaizen-Office eingerichtet. Ja wir sprechen heute schon von der Kübler – Kaizen – Kultur, obwohl wir trotz guten Erfolgen immer noch am Anfang stehen. Je mehr wir lernen, desto mehr sehen wir, was es noch alles zu tun gibt.    TR: Die Messe SPS/IPC/Drives in Nürnberg steht unmittelbar bevor. Welche Produkt-Highlights wird es am Kübler-Messestand zu sehen geben?  
LK: Wir freuen uns auf diese Messe, denn einmal mehr haben wir viele Neuheiten im Gepäck, die wir dann auch noch auf einem neuen Stand zeigen werden. Zuwachs bekommt die Drehgeber-Familie Sendix, die Multiturn- und Singelturn-Feldbus-Drehgeber erhalten Profinet-Schnittstellen. Diese Drehgeber unterstützen den Isochronous Real-Time-Mode, auch IRT-Mode genannt, und sind damit ideal für Echtzeitanwendungen. Da diese Anwendungen eine immer größere Rolle spielen, sind wir sicher, auf großes Interesse bei unseren Messebesuchern zu treffen. Mit einer weiteren Neuheit stoßen wir in Anwendungen bei der Schwerindustrie vor, insbesondere für massive Kräne und für die Stahlindustrie. Die neue Produktfamilie von inkrementalen Heavy-Duty-Drehgebern setzt Maßstäbe mit einem neuartigen Aufbau und der besonders unkomplizierten und schnellen Installation. Im Bereich Prozesstechnik präsentieren wir eine neue Generation Codix-Anzeige und Steuergeräte. Auch sie zeichnet sich durch einfachste Bedienung und Programmierung aus. Unsere Grundidee dabei ist, ein Gerät zu entwickeln, bei dem der Benutzer die Bedienungsanleitung im Schrank lassen kann. Sie sehen, ein Besuch auf unserem Stand lohnt sich also.   TR: Herr Kübler, wagen Sie eine Prognose für die kommenden 50 Jahre Ihrer Firma?  
GK: Eine konkrete Prognose für einen derart langen Zeitraum ist natürlich nicht möglich, aber eines steht für mich fest: Die Technologie wird die Kübler Gruppe noch entscheidender prägen als bisher. In den nächsten Dekaden werden wir weitere Geschäftsmodelle ausprobieren und einige sicher erfolgreich eingeführt haben. Dadurch werden wir in neue Märkte dringen und anderen Einnahmequellen außer dem Produktverkauf generieren. Wir setzen also auf dauerhaftes Wachstum, und da trauen wir uns durchaus zu, mindestens das gleiche Tempo wie in den vergangenen zehn Jahren gehen zu können. Konkret bedeutet dies eine Verdreifachung des Umsatzes bei doppelter Mitarbeiterzahl bis 2020. In Zahlen: 100 Mio Euro Umsatz und 600 Mitarbeiter. TR: Meine Herren, besten Dank für dieses Gespräch. Das Interview führte TR Redakteur Jürgen Wirtz Zahlen & Fakten   Gesellschafter: Familie Kübler
Mitarbeiter: 320 weltweit, davon 230 in Villingen-Schwenningen,
Erwarteter Umsatz: 39 Mio Euro in der Firmengruppe
Firmensitz: Villingen-Schwenningen, Deutschland
Präsenz: Sechs Töchterunternehmen weltweit und über 50 Vertretungen weltweit
Fertigung
: Deutschland in Villingen-Schwenningen und München, Indien in Pune Hauptproduktionslinien: Produkte aus den Bereichen Weg- und Winkelsensorik, Zähl- und Prozesstechnik sowie Übertragungstechnik und Systemlösungen